Bei netzpolitik.org läuft gerade eine sehr interessante Diskussion darüber, ob es sich bei den Änderungen des Entwurfs des TKG durch die Regierungskoalitionen um den Versuch handelt, eine "Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür" einzuführen. Die Aussage von Manuel Höferlin (FDP), bei der jetzigen Formulierung des § 97 Abs. 4 TKG handele es sich um den Stand der TKG-Novelle aus dem Jahr 2004, macht die Widersprüche in der Debatte noch größer. Daher hier eine kurze Analyse der Geschehnisse und Diskussionen der letzten Wochen und Monate.
Die Mehrheit der Bundesbürger steht der Wiedereinführung der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung ihrer Telekommunikationsverkehrsdaten zu allgemeinen Sicherheitszwecken ablehnend gegenüber. Allein die CDU/CSU drängt weiterhin auf eine weitestgehend unveränderte Neuauflage der Massenspeicherung, deren Rechtsgrundlage noch im März vergangenen Jahres vom BVerfG für verfassungswidrig erklärt worden war. Nachdem nun ein internes Papier durchgesickert ist, wird klar: Die Union will die Vorratsdatenspeicherung über die Hintertür einführen.
Nachdem die Reportage über die Verbindungsdaten von Malte Spitz „Verräterisches Handy: Was Vorratsdaten über uns verraten“ von @zeitonline in diesem Jahr bereits den Grimme Online Award (Kategorie „Spezial“) gewonnen hat (wir berichteten ausführlich) folgt nun die nächste hochkarätige Auszeichnung.
Der Chaos Computer Club Bremen e.V. bietet derzeit eine sehr interessante Veranstaltungsreihe an. Unter dem Titel „Kritische Infrastrukturen“ finden an mehreren Wochen Veranstaltungen zu aktuellen Themen der Innen- und Netzpolitik statt. Hier findet Ihr weitere Informationen zur Veranstaltungsreihe. Am 28.09. spricht Malte Spitz dort zu „Vorratsdatenspeicherung – Über Datensammler und deren Helfer“.
Die interne Dokumentation der Generalstaatsanwaltschaft München zu den Speicherzeiten bundesdeutscher Provider hat die heutige netzpolitische Diskussion maßgeblich bestimmt. In der Tat wirft das Papier zahlreiche Fragen auf. Die Liste der Staatsanwaltschaft deutet auf eine erheblich pauschalisierende und aufrundende Speicherpraxis in den Unternehmen hin. Dies ist mit dem Grundsatz der Datensparsamkeit nicht vereinbar und dürfte bei meist nicht abrechnungsrelevanten Datenarten, wie den Standortdaten, schlicht rechtswidrig sein. Wir fordern den Gesetzgeber auf, bei der anstehenden Novelierung des Telekommunkationsgesetzes Klarheit zu schaffen. Denn: Statt geheimer Papiere aus den Amtsstuben bedarf es jetzt größtmöglicher Transparenz für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Sie haben ein Recht zu erfahren, wie die Speicherpraxis in Deutschland tatsächlich aussieht und was mit ihren Daten geschieht.
In der fortlaufenden Debatte um die Wiedereinführung einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung, die zuletzt am heutigen Tag auch wieder das Plenum des Deutschen Bundestages beschäftigte, hat eine Befragung des Meinungsforschungsinstituts Allensbach unter dem Titel „Konservativer Markenkern: Innere Sicherheit“ nun ergeben, dass exakt Zwei Drittel der deutschen Bevölkerung eine anlasslose Vorratsdatenspeichnerung ablehnt. Besondere Brisanz erhält die Umfrage durch den Umstand, dass die Unionsfraktion selbst die Studie in Auftrag gegeben und sich deren Ergebnisse von Allensbach-Chefin Renate Köcher persönlich auf der eigenen Fraktions-Vorstandsklausur hinter verschlossenen Türen hat vorstellen lassen.
Heute haben die Innenminister von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, Ralf Jäger und Reinhold Gall, die große Bühne der augenblicklich in Frankfurt stattfindenden Innenministerkonferenz genutzt, um bundespolitisch an Sichtbarkeit zu gewinnen: Beide haben sich für eine sechsmonatige Speicherung von Verbindungsdaten aller Bürgerinnen und Bürger auf Vorrat ausgesprochen und haben damit nicht nur in den eigenen Reihen einiges an Verwunderung ausgelöst, sondern auch bei den jeweiligen Koalitionspartner, mit denen die Alleingänge der Fachminister nicht abgestimmt waren. Hier haben wir einmal kurz zusammengefasst, welche Grüne sich heute dazu geäußert haben.
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