Festern haben sich die EU-Innenminister darauf verständigt, die innerhalb der Europäischen Union anfallenden Flugastdaten nicht nur fünf Jahre zu speichern, sondern sie auch rastern zu wollen. Nach EU/USA-Fluggastdatenabkommen, Diskussion um Vorratsdatenspeicherung und SWIFT sowie zahlreicher anderer Projekte, wird das Ausmaß des zunehmenden EU-Überwachungswahns durch die jetzige Diskussion um das EU-Fluggastdatenabkommen einmal mehr sichtbar. Die jetzgen Pläne sind der traurige Höhepunkt einer eindimensionalen, am Generalverdacht ausgerichteten Politik. Angesichts der Gesamtentwicklung bleibt es vordringliches Ziel der grünen Netz- und Innenpolitik, verloren gegangene Freiheitsräume zurückzugewinnen und die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger aktiv zu stärken.
Heute meldeten mehrere Medien, dass die Bundesregierung offenbar vorerst auf die von der EU geforderte Regelung der Vorratsdatenspeicherung verzichten will. Grund für die Entscheidung war nach Angaben aus deutschen EU-Kreisen der nach wie vor anhaltende Streit über die Umsetzung der Richtlinie innerhalb der schwarz-gelben Koalition. Die heutige Entscheidung der Bundesregierung war angesichts der nach wie vor nicht nachgewiesenen Zweckdienlichkeit der Vorratsdatenspeicherung überfällig. Als Grüne haben wir die Bundesregierung immer wieder aufgefordert, sich endlich von der Umsetzung der Richtlinie zu verabschieden und hatten in dieser Legislatur mehrere Anträge vorgelegt, in dem wir die Bundesregierung auffordern, von diesem grundrechtlich höchst fragwürdigem Instrument zu verabschieden. Die heutige Entscheidung der Bundesregierung darf nur ein erster Schritt sein.
Das von der Europäischen Kommmission gegenüber Deutschland gesetzte Ultimatum zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie läuft Ende der Woche aus. Innenminister Friedrich hat Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger ihren Gesetzesentwurf, der, wenn es nach der Ministerin ginge, als Grundlage der weiteren Beratungen im schwarz-gelben Kabinett dienen sollte, erneut mit ebensozahlreichen wie grundlegenden Änderungswünschen zurückgeschickt. Durch die kategorische Ablehnung der Vorschläge des Bundesjustizministeriums durch das Bunbdesinnenministerium ist eine Einigung unter den Koalitionspartnern - erneut - in weitere Ferne gerückt.
Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung gibt es - nicht nur innerhalb der schwarz-gelben Koalition - eine intensive Diskussion um dieses Mittel der Strafverfolgung, seinen Nutzen und die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme, die insofern einen rechtsdogmatischen Dammbruch darstellt, als dass die Kommunikationsdaten aller Bürgerinnen und Bürger verpflichtend anlasslos und verdachtsunabhängig auf Vorrat gespeichert werden. Gerade hat die Europäische Kommission Deutschland eine letzte Frist gesetzt, die bestehende Richtlinie umzusetzen. Der Zeitpunkt dieser Fristsetzung überasscht aus meheren Gründen. Nun wurde bekannt, dass sich Innenminister Friedrich, der innerhalb der Bundesregierung eigentlich nicht die Federführung in Sachen Vorratsdatenspeicherung innehat, ein Schreiben an die Europäische Kommission verfasst hat, in dem er die "Nichtumsetzung" bemängelt. Zu dem Schreiben des Innenministers und möglichen Auswirkungen hat Konstantin eine parlamentarische Frage an die Bundesregierung gerichtet.
Am gestrigen Montag, den 26. März 2012, fand zwischen 13.00 und 14.30 Uhr die 20. Sitzung des Unterausschuss Neue Medien statt. Das Schwerpunktthema der öffentlichen Sitzung war die „Netzpolitische Agenda der Europäischen Kommission“. Über die bevorstehende Anhörung hatten wir berichtet. Am Anfang der Sitzung haben die Direktoren Paul Nemitz (Generaldirektion Justiz der Europäischen Kommission) und Detlef Eckert (Generaldirektion Informationsgesellschaft und Medien) kurze Eingangsstatements gehalten und anschließend Fragen der einzelnen Fraktionen beantwortet. All diejenigen, die die gestrigen Sitzung verpasst haben, können die komplette Anhörung hier noch einmal nachschauen.
Die Petition gegen die Vorratsdatenspeicherung hat bereits im September 2011 das für die öffentliche Beratung im Petitionsausschuss notwendige Quorum von 50.000 Mitzeichnungen erreicht. Alle Oppositionsfraktionen hatten die Koalition aufgefordert, dem Willen der Bürgerinnen und Bürger nachzukommen und die Petition öffentlich zu beraten. Das von der Petition ausgehende Signal ist unmissverständlich: Die Bürgerinnen und Bürger lehnen die pauschale Überwachung ihrer Kommunikation ab. Sie wollen nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Die schwarz-gelbe Koalition weigert sich nunmehr zum dritten Mal, eine von über 65.000 Bürgerinnen und Bürger mitgezeichnete Petition gegen die anlasslose Vorratsdatenspeicherung öffentlich zu beraten. Die schwarz-gelbe Koalition will offenbar kaschieren, dass sie in Sachen Vorratsdatenspeicherung höchst zerstritten ist. Es ist inakzeptabel, dass Union und FDP ihren Streit auf dem Rücken engagierter Bürgerinnen und Bürger austragen.
Heute beschäftigte sich sowohl der Innen- als auch der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages noch einmal mit dem aktuellen Gutachten des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht (MPI). Über die Studie hatten wir ausführlich berichtet. Die Verfasser des Gutachtens, das vom Bundesministerium der Justiz in Auftrag gegeben wurde und in den letzten Wochen und Tagen für ganz erhebliche Verstimmungen innerhalb der schwarz-gelben Koalition gesorgt hatte, kommen in ihrer Untersuchung zu dem Schluss, dass die Vorratsdatenspeicherung keinen messbaren Einfluss auf die Aufklärungsquoten der Strafverfolgungsbehörden hat. Durch die Ergebnisse der jüngsten Studie fühlen wir uns darin bestätigt, auch weiterhin für eine grundrechtsschonendere Alternative zur Vorratsdatenspeicherung einzutreten. Wir sehen die Befürworter einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung – sowohl auf deutscher wie auch auf europäischer Ebene - in der Pflicht, die tatsächliche Notwendigkeit beziehungsweise Nützlichkeit der Vorratsdatenspeicherung und eine Vereinbarkeit dieser mit EU-Grundrechten nachzuweisen. Ein solcher Beweis steht bis heute aus.
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