In unregelmäßigen Abständen berichten wir in unserer Rubrik “Aus den Ländern” über Initiativen, Veranstaltungen und Debatten aus dem Bereich Innen- und Netzpolitik in den Bundesländern. Ebenso schreiben ab und an Vertreter aus den Ländern über aktuelle Initiativen. An dieser Stelle haben Madeleine Henfling und ihre Mitarbeiterin Sandra Reda einen Gastbeitrag verfasst, in dem sie den kürzlich vorgelegten thüringischen Koalitionsvertrag aus netzpolitischer Sicht bewerten.
Gestern und heute haben uns erneut zahlreiche Hiobsbotschaften bezüglich des größten Überwachungs- und Geheimdienstskandals, den wir seit derzeit erleben, erreicht. Zu den jüngsten Enthüllungen des SPIEGEL bezüglich des umfassenden Instrumentariums der US-amerikanischen Nachrichtendienstes NSA zur Infiltrierung von Computern und Mobiltelefonen hat Konstantin heute Stellung genommen.
Deutsche Firmen spielen beim weltweiten Export von Überwachungs- und Zensursoftware in der ersten Liga. Die Bundesregierung schaut diesem Treiben seit Jahren tatenlos zu und setzte sich sogar aktiv gegen eine Verschärfung der Exportbestimmungen ein – trotz anderslautender öffentlicher Bekenntnisse. Nun haben die über 40 Länder, die sich im Rahmen des Wassenaar Abkommens zusammengeschlossen haben, für eine effektivere Kontrolle digitaler Überwachungs- und Zensurtechnik ausgesprochen. Die Bundesregierung sollte dem Beispiel Frankreichs folgen und die Ausfuhr entsprechender Güter sehr viel effektiver kontrollieren.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung will derzeit das Telekommunikationsgesetz (TKG) verschärfen. Den Strafverfolgungsbehörden sollen weitegehende Befugnisse eingeräumt werden. Der von der Bundesregierung vorglegte Gesetzentwurf sieht u.a. vor, dass Mobilfunkbetreiber Kundendaten nicht mehr nur im Einzelfall bei einer konkreten Gefahr oder einem konkreter Tatverdacht herausgeben müssen, sondern dies zukünftig weitestgehend automatisiert stattfinden soll. Zudem sollen Nutzer durch die Bekanntgabe der Provider, wer sich hinter einer dynamischen IP-Adresse verbirgt, leichter identifiziert werden. In seiner heutigen Protokollrede kritisert Konstantin das Vorgehen der schwarz-gelben Bundesregierung und der Regierungskoalition im Bundestag und lege die Position der Grünen dar.
Im Bayerischen Landtag findet am Mittwochabend, den 23. November 2011, ein öffentlcihes Fachgespräch zum sogenannten „Bayerntrojaner“ statt. Susanna Tausendfreund, innenpolitische Sprecherin der Fraktion, wird sich u.a. mit Dr. Julius Mittenzwei vom Chaos Computer Club und Dr. Thomas Petri, dem Bayerischen Beauftragten für den Datenschutz darüber unterhalten, ob der Einsatz von Spionagesoftware zur Strafverfolgung überhaupt im verfassungsrechtlichen Rahmen stattfinden kann. Petri ist von der Bayerischen Staatsregierung nach der Analyse des CCC und der massiven öffentlichen Kritik am Einsatz der Schnüffelsoftware durch das Bayerische LKA mit der Überprüfung der Software beauftragt worden - hat selbst aber keinen Zugriff auf den Quellcode des Programms.
Die bisherige Informationspolitik der Bundesregierung in Sachen Staatstrojaner ist absolut unzureichend. Die vergangenen Tage haben gezeigt, dass die Bundesregierung nicht imstande ist, die im Raum stehenden Vorwürfe zu entkräften. Die Bundesregierung hat ganz offenkundig auch wenig Interesse daran. Wir haben die Bundesregierung heute aufgefordert, sämtliche Verträge mit Unternehmen, die in den vergangenen Jahren Staatstrojaner an Bundes- und Landesbehörden geliefert haben, in vollem Umfang offenzulegen und dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar für seinen Untersuchungsbericht zur Verfügung zu stellen.
Gestern noch drückte sich Innenminister Friedrich vor der Debatte im Bundestag. Heute wirft er eine weitere Nebelkerze. Statt gestern zu den Fragen und Vorwürfen zum Bundestrojaner Stellung zu nehmen, lenkt er lieber heute mit einem Schnellschuss von eigenen Versäumnissen ab und schwadroniert über die Einrichtung eines weizeren Komeptenzzentrums, das zukünftig die Software zur Überwachung von Internet-Telefonaten entwickeln soll. Durch Angriffe auf den Chaos Computer Club und das Werfen von Nebelkerzen probiert die Bundesregierung auch weiterhin, das Chaos in den eigenen Reihen zu kaschieren. Der heutige Vorstoß des Ministers verstärkt den Eindruck eines verfassungsrechtlichen Inkompetenzzentrums namens Bundesministerium des Innern weiter.
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