Wie dringlich das Thema Netzneutralität aktuell in Europa diskutiert wird, lässt sich an den gehäuften Konsultationen von Institutionen der EU ersehen. Nach dem GEREK -- dem Gremium der europäischen Telekommunikations-Regulierer -- hat nun die Kommission aufgerufen, zur Diskriminierungsfreiheit im Internet Stellung zu beziehen.
Am heutigen Donnerstag, dem 27. Oktober 2011, hat der Deutsche Bundestag mit den Stimmen der Regierungskoalition von CDU/CSU und FDP die Neufassung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) beschlossen. Malte Spitz hat einen Offenen Brief an die Vorstandsvorsitzenden und Verantwortlichen für den Datenschutz bei der Deutschen Telekom, Vodafone, E-Plus und o2 Germany gerichtet, in dem er die Unternehmen auffordert, selbst für Transparenz darüber zu sorgen, welche Verkehrsdaten zu Abrechnungszwecken oder zur Aufrechterhaltung der Telekommunikation gespeichert werden.
Bei netzpolitik.org läuft gerade eine sehr interessante Diskussion darüber, ob es sich bei den Änderungen des Entwurfs des TKG durch die Regierungskoalitionen um den Versuch handelt, eine "Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür" einzuführen. Die Aussage von Manuel Höferlin (FDP), bei der jetzigen Formulierung des § 97 Abs. 4 TKG handele es sich um den Stand der TKG-Novelle aus dem Jahr 2004, macht die Widersprüche in der Debatte noch größer. Daher hier eine kurze Analyse der Geschehnisse und Diskussionen der letzten Wochen und Monate.
Die Koalition hat die Novelle des Telekommunikationsgesetzes im Wirtschaftsausschuss beschlossen, morgen wird das Gesetz im Plenum des Bundestages debattiert. Dabei haben sich die Koalitionsfraktionen offenbar auf Kosten des Datenschutzes und auf Kosten des Rechts auf schnelles Internet für alle geeinigt. Oder, anders gesagt: Die Absage an einen Breitband-Universaldienst ist zwischen Union und FDP gegen den erforderlichen Schutz der Grundrechte verdealt worden.
Eine aus netzpolitischer Perspektive wieder rappenvolle Sitzungswoche steht bevor. An dieser Stelle weisen wir Euch auf die wichtigsten Sitzungen und Debatten hin. Am Montag geht’s gleich los mit Sitzungen der Projektgruppen der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ und einer Sitzung des Unterausschusses Neue Medien des Bundestages, der sich über die "Datensicherheit bei facebook und anderen sozialen Netzwerken" austauscht. Was sonst noch in dieser Woche auf der Tagesordnung des Bundestages steht, könnt Ihr hier nachlesen.
Dieser Tage erreichte die Projektgruppe Netzneutralität der Enquête-Kommission Internet und digitale Gesellschaft ein bemerkenswertes „Save the Date“-Schreiben zum 1. Fachdialog Netzneutralität. Am 16. November 2011 soll die Auftaktveranstaltung stattfinden. Weitere Veranstaltungen sollen durch vom Wirtschaftsministerium beauftragte Studien flankiert werden. Eigentlich müsste man sich freuen, dass das BMWi nach den Anträgen von Grünen, Linken und SPD das Thema endlich ernst nimmt. Trotzdem wirkt das Timing der Einladung absurd: Am 20. Oktober wird der Bundestag in 2./3. Lesung das für die Netzneutralität maßgebliche Telekommunikationsgesetz (TKG) verabschieden.
Wie heiseonline berichtet, sind die von Seiten der CDU hochtrabend angekündigten Pläne, man würde im Rahmen der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) eine Universaldienstverpflichtung für den Breitbandausbau einführen, haben sich als reine Makulatur erwiesen. Die zuständige FDP-Abgeordnete wird mit den Worten „Das Thema ist vom Tisch“ zitiert. Die Union ist mit ihrem Vorstoß koalitionsintern gescheitert, innerhalb der FDP, die sich so gerne als Internetpartei darstellt, haben sich offensichtlich diejenigen durchgesetzt, die eine adäquate Anbindung an ein breitbandiges Netz auch weiterhin dem freien Markt überlassen wollen. Wir Grüne streiten auch weiterhin für einen adäquaten Breitbandausbau.
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