In den letzten Tagen hatte ich wiederholt über die anhaltende Weigerung der Bundesregierung, die Arbeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Überwachungs- und Geheimdienstaffäre zu unterstützen, berichtet. Heute hat die Grüne Bundestagsfraktion eine aktuelle Stunde mit dem Titel ,,Behinderung der Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses des deutschen Bundestages durch die Bundesregierung" beantragt. Die Bundesregierung ist dringend aufgefordert, die Arbeit des Ausschusses im Interesse der Aufklärung zu unterstützen und nicht weiter zu behindern. Es kann nicht sein, dass Millionen Bürgerinnen und Bürger bis hin zur Bundeskanzlerin ausgespäht werden und die Regierung die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses bremst, weiter behindert und verzögert.
Außenpolitisch stehen wir aktuell vor zwei unterschiedlichen ganz gravierenden Herausforderungen,die gleichwohl miteinander verbunden sind. In der Ukraine bricht sich Putins neu-russischer Imperialismus Bahn. Frau Merkel kehrt gerade von einer wichtigen USA-Reise zurück, bei der die Ukraine und die Wirtschaftsbeziehungen beider Staaten, bedauerlicherweise aber nicht die derzeitige Überwachungs- und Geheimdienstaffäre zentrale Themen waren. Und der Parlamentarische Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages stimmt in der kommenden Woche darüber ab, ob und wie Edward Snowden als Zeuge vor dem Ausschuss gehört werden soll. Was man derzeit oft vergisst: Nach monatelangem Leugnen der für jeden offensichtlichen Tatsache, dass es ein relevantes Problem in Sachen Überwachung gibt, wurde vor wenigen Wochen im Parlament – nunmehr einstimmig – dieser Untersuchungsausschuss eingesetzt und damit fraktionsübergreifend anerkannt, dass es ein relevantes Problem mit massenhafter Überwachung gibt, dem wir uns annehmen müssen, wenn die weitere Erosion unseres Rechtsstaates aufgehalten werden soll.
Heute ist Clemens Binninger (CDU) als Vorsitzendem des Ausschusses zur Überwachungs-und Geheimdienstaffäre überraschend zurückgetreten. Konstantin hat den Rücktritt kommentiert. Die Benennung Binningers zum Vorsitzenden des Parlamentarischen Kontrollgremiums war von vornherein absurd, die nun angeführten Argumente für den Rücktritt schlicht lächerlich. Es war nicht die Opposition, die Binninger zum Rücktritt bewegte, sondern massiver Druck aus der Fraktionssführung der Union und dem Bundeskanzleramt. Die dringend notwendige Aufklärungsarbeit des größten Überwachungs- und Geheimdienstskandals aller Zeiten durch das Parlament wird durch eine massive Einflussnahme der Bundesregierung auf die Arbeit des Gremiums weiter konterkariert. Der nun erzwungene Rücktritt Binningers ist ein weiterer Baustein eines unwürdigen Spiels der Bundesregierung in Sachen Aufklärung dieses Skandals.
Wir fordern die Bundesregierung sowie die Europäische Kommission seit nunmehr einem dreiviertel Jahr immer wieder unmissverständlich auf, nicht nur mit dem Finger auf die USA zu zeigen, sondern gleichzeitig auch die Rolle europäischer und deutscher Dienste zu beleuchten und als eine Maßnahme ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen das Vereinigte Königreich Großbritannien einzuleiten. An dieser Stelle dokumentieren wir noch ein Interview zu unserer Initiative. Darüber hinaus veröffentlichen wir das Schreiben unserer Fraktionsvorsitzenden an EU-Kommissionspräsidenten Barroso und machen unsere rechtlichen Einschätzungen zugänglich.
Der Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Geheimdienst- und Überwachungsaffäre (#SavePrivacyPUA) nimmt seine Arbeit auf. Der von uns angestoßene und am Ende nach monatelangen Diskussionen durch- und dann gemeinsam eingesetzte Ausschuss soll nach den Enthüllungen von Edward Snowden über die Überwachungspraxis der NSA und des britischen Geheimdienstes GCHQ, aber auch über die Rolle deutscher Stellen, aufklären.
Mit der Einsetzung des Untersuchungsausschusses geht die dringend benötigte weitere Aufklärung des größten Überwachungs- und Geheimdienstskandals einen entscheidenden Schritt voran. Als Grüne Bundestagsfraktion fordern wir die alte und neue Bundesregierung sowie die Europäische Kommission seit nunmehr einem dreiviertel Jahr immer wieder unmissverständlich auf, angesichts der durch den Whistleblower Edward Snowden bekannt gewordenen Überwachungspraktiken des britischen Geheimdienstes GCHQ im Allgemeinen und hinsichtlich des aus unserer Sicht klar EU-rechtswidrigen Einsatzes des Programms TEMPORA im Speziellen ein Vertragsverletzungsverfahren gegenüber dem Vereinigten Königreich Großbritannien einzuleiten. Die Untätigkeit von Bundesregierung und EU-Kommission ist nicht hinnehmbar. Daher haben wir gestern Kommissionspräsidenten Barroso noch einmal in einem Schreiben aufgefordert, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Großbrittanien einzuleiten.
Seit mehr als einem dreiviertel Jahr beschäftigt uns als Bundestags- und Europaabgeordnete die Aufklärung des größten Überwachungs- und Geheimdienstskandals in der Geschichte der westlichen Demokratien. Seit Sonntag befinden sich Konstantin, Malte und Jan Philipp auf einer viertägigen Kurz-Reise in den USA, um politische Gespräche zu führen. Das umfangreiche Programm der Reise sieht unter anderem die Teilnahme an mehreren öffentlichen Fachgesprächen vor, die von verschiedenen Nichtregierungsorganisationen und US-amerikanischen Think-Tanks organisiert werden. Darüber hinaus führen die Drei zahlreiche weitere Gespräche, unter anderem im Außenministerium und der US-Heimatschutzbehörde. Ein besonderes Augenmerk der Reise liegt auf der Vernetzung mit US-amerikanischen Abgeordneten und Senatoren, die jenseits des Atlantiks für mehr Datenschutz, das Recht auf Privatsphäre und eine effektive parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste kämpfen.
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