Heute hat sich das Bundeskabinett trotzz anderslautender Ankündigungen erneut nicht mit dem Leistungsschutzrecht für Presseverlage befasst. Es scheint, als ob die Bundesregierung nicht zuletzt durch die Intervention des Bundesverbandes der Deutschen Industrie verstanden hat, wie heiß diese Herdplatte ist.
Das Leistungsschutzrecht für Presseverlage wurde heute nicht wie geplant im Kabinett verabschiedet. Und das ist auch gut so! Dieser Gesetzentwurf sollte das Kabinett am besten nie erreichen. Der Text des Referentenentwurfs hat bereits deutlich gemacht: Das Leistungsschutzrecht würde reichlich Rechtsunsicherheit schaffen. Für uns Grüne ist klar: Wir befürworten keinen Verlegerschutz, der am Ende die Verlage stärkt, die ohnehin stark sind. In der letzten Konsequenz gibt dies Anreize zu Boulevardisierung.
Die Zeit der Spekulationen ist nun vorbei – so sollte man meinen. Gute zweieinhalb Jahre hat die Koalition gebraucht, um beim Leistungsschutzrecht für Presseverleger vor- und wieder zurückzurudern, anzukündigen, zu dementieren, zu verwerfen. Vergangene Woche nun wurde der Referentenentwurf zum Leistungsschutzrecht bekannt. Doch dieser Entwurf eignet sich nicht, um Spekulationen zu beenden. Im Gegenteil: Er gibt ihnen weiter Nahrung, weil vieles unklar bleibt und erst über Gerichtsentscheidungen gelöst werden wird. Was das Leistungsschutzrecht bringt, wem es nutzt und wer darunter leidet, werden wir also erst in einigen Jahren wirklich wissen.
In drei Wochen will die Koalition aber nun endgültig ein Leistungsschutzrecht vorlegen. Das kommt bekannt vor? Das Leistungsschutzrecht wurde in den letzten zweieinhalb Jahren so oft angekündigt, dass man sich in einer Endlos-Schleife glaubt. Es ist noch völlig unklar, wie ein Gesetz aussehen soll, dass dem „Schutz der verlegerischen Leistung im Internet“ dient. Nach wie vor sind mehr Fragen offen als geklärt. Welche Leistung genau will man schützen? Auch Einzelteile der verlegerischen Leistung, wie „Snippets“? Für welche Nutzung soll bezahlt werden? Für die gewerbliche? Und wann ist sie das? Auch wer eigentlich bezahlen soll, ist unbeantwortet.
Am heutigen Mittwochmorgen war Staatssekretär Dr. Max Stadler aus dem Bundesministerium für Justiz im Unterausschuss Neue Medien, um den Abgeordneten Rede und Antwort zum Leistungsschutzrecht zu stehen – leider in einer nichtöffentlichen Sitzung. Wir hatten ja gestern bereits darüber berichtet. Zu unserem Erstaunen endete der Staatssekretär seine Ausführung mit dem Satz, dass die Koalition noch weiteren Beratungsbedarf sehe und er daher keinen Gesetzentwurf vorlegen könne. Die Koalition erscheint diffus, ob sie das Leistungsschutzrecht nun will, wenn ja, in welcher Form – oder doch nicht. Seit über zwei Jahren führen wir nun eine Gespensterdebatte über ein Leistungsschutzrecht, ohne genau zu wissen, was eigentlich geregelt werden soll. Und auch im Ausschuss wurde wieder viel geredet, aber Antworten gab es nur wenige.
Morgen wird Staatssekretär Dr. Max Stadler aus dem Bundesministerium für Justiz im Unterausschuss Neue Medien sein, um den Abgeordneten Rede und Antwort zum Leistungsschutzrecht zu stehen - leider in einer nichtöffentlichen Sitzung. Wir sehen ein Leistungsschutzrecht für Verlage sehr kritisch. Die Bundesregierung hat zwar betont, dass lediglich gewerbliche Angebote wie News-Aggregatoren zahlen sollen. Aber schon hier stellen sich viele Fragen: Was sind news-Aggregatoren genau? Zahlen nur sie? Oder alle gewerblichen Anbieter? Wo soll die Grenze zwischen privaten und gewerblichen Angeboten im Netz verlaufen? Ist ein Blog mit journalistischen Inhalten gewerblich oder privat, wenn über einen flattr button gespendet werden kann? Wenn schon ein solches Angebot unter gewerblich fallen würde, hätte das enorme Konsequenzen für die Vielfalt im Netz. Und was genau der Schutzgegenstand des Leistungsschutzrechtes eigentlich sein soll, ist auch noch unklar. Offenbar scheint sich die Koalition da selbst nicht einig.
Der schwarz-gelbe Koalitionsausschuss hat vor Kurzem die Absicht erklärt, ein sogenanntes Leistungsschutzrecht für Verlage einführen zu wollen. CDU/CSU und FDP geben vor, das Urheberrecht im Internet zu verbessern. Tatsächlich tut die schwarz-gelbe Koalition hierfür rein gar nichts. Den seit Jahren angekündigten dritten Korb einer dringend benötigten Urheberrechtsreform, der groß als „Wissenschaftskorb“ angekündigt war und tatsächliche Verbesserungen für Viele bringen könnte, schiebt sie weiter auf die lange Bank. Ob der Korb in dieser Legislaturperiode überhaupt noch kommt, ist mittlerweile mehr als fraglich. Nun wird das Leistungsschutzrecht als Heilbringer propagiert.
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