In unregelmäßigen Abständen berichten wir in der Rubrik “Aus den Ländern” über verschiedene Initiativen, Veranstaltungen und Debatten aus dem Bereich Innen- und Netzpolitik in den einzelnen Bundesländern. Für die Fraktion der Grünen im Landtag von Bayern lädt Verena Osgyan, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin der Grünen Fraktion Sprecherin für Netzpolitik, alle Interessierten zu einer Diskussion zum „Recht auf Vergessen“ ein.
Prof. Dr. Franziska Boehm und Prof. Dr. Mark D. Cole beleuchten in einer aktuellen Studie den Hintergrund der Richtlinie zur Vortsdatenspeicherung, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, den Einfluss auf bestehende Vorratsdatenspeicherungen in den einzelnen Mitgliedstaaten sowie die Auswirkungen des weitreichenden Urteils auf andere Vorratsdatenspeicherungen, wie z.B. Bankdaten bei SWIFT und Reisedaten bei PNR.
Nachdem der Europäische Gerichtshof Anfang April entschieden hat, dass die Speicherung von Kommunikationsdaten ohne Verdacht auf Straftaten nicht mit europäischem Recht vereinbar ist, sprach sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Grindel für einen deutschen Alleingang und eine rasche Wiedereinführung der umstrittenen Datenspeicherung aus. Bundesjustizminister Heiko Maas kündigte hingegen an, dass es ohne eine entsprechende europäische Richtlinie keine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland geben werde. In einem kurzen “Netzpolitischer Einspruch” habe ich die Große Koalition aufgefordert, die Vorratsdatenspeicherung endgültig zu begraben.
Die letzten Tage und Wochen haben noch einmal verdeutlicht: Sowohl Große Koalition als auch Bundesregierung wollen partout keine Aufklärung des nunmehr seit einem Jahr andauernden Überwachungsskandals. Anders ist die Blockade der Vernehmung des Zeugen Snowden durch den Bundestag und auch die Duckmäuserei des Generalbundesanwaltes nicht zu verstehen. Angesichts der Hinweise Edwards Snowdens, wozu er auszusagen bereit ist, erleben wir ein sträfliches Unterlassen der politisch Verantwortlichen. Die ideologische Verbohrtheit gegen den Daten- und Persönlichkeitsschutz und die Ignoranz der Merkel-Regierungen gegenüber Massenüberwachung und Spionage bedrohen Rechtsstaat und Grundrechte nachhaltig. Wenn Angela Merkel nicht als diejenige Kanzlerin in die Geschichtsbücher eingehen will, die unsere Verfassung auf dem Altar der nach Daten gierenden Sicherheitsbehörden opferte, muss sie schleunigst eine 180 Grad Kehrtwende vollziehen.
Die Vorratsdatenspeicherung (VDS) ist zweifellos eine, wenn nicht die zentrale Frage der digitalen Bürgerrechtspolitik der letzten Jahre. Gerade haben die Befürworter der Massenspeicherung die nächste herbe schlappe einstecken müssen. Das Urteil ist auch eine Ohrfeige für die deutsche Bundesregierung, die sich in ihrem Koalitionsvertrag für eine rasche Wiederauflage der VDS ausgesprochen hatte. Einen Plan B hat die Bundesregierung nicht. Ein erneuter jahrelanger Grabenkampf ist zu befürchten. In einem aktuellen Antrag fordern wir die Bundesregierung noch einmal dazu auf, sich endlich und ein für allemal von der Vorratsdatenspeicherung zu verabschieden und sich endlich in Brüssel gegen die entsprechende EU-Richtlinie einzusetzen.
Angesichts einer weiter anhaltenden Diskussion um die Wiedereinführung der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung und derzeit sowohl von führenden Vertretern der Großen Koalition in Berlin als auch von verschiedenen Landesinnenministern der SPD seit Jahren wiederholt vorgebrachter Argumentationsmuster, haben Konstantin und Katja Keul, Sprecherin für Rechtspolitik der Grünen Bundestagsfraktion, die völlig unklare Haltung der Bundesregierung in dieser zentralen Bürgerrechtsfrage kritisiert und die Bundesregierung nicht nur aufgefordert, hier für Klarheit zu sorgen, sondern auch sich gegenüber der Europäischen Kommission gegen eine Neuauflage der Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie auf europäischer Ebene auszusprechen.
Heute haben Konstantin und Katja Keul, rechtspolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, die anhaltende Realitätsverweigung von Vertreterinnen und Vertreter der CDU sowie verschiedener SPD-Innenminister in Sachen Vorratsdatenspeicherung kritisiert. Vor nicht einmal einer Woche hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem bahnbrechenden Urteil die anlasslose Vorratsdatenspeicherung für nicht vereinbar mit dem Europarecht erklärt. Die gerade erst erzielte Einigung zwischen Justizminister Maas und Unionsfraktionschef Kauder, in dieser Legislaturperiode kein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung anzugehen, war die einzig logische Konsequenz des Urteils. Diese Einigung soll durch die Forderungen von Wolfgang Bosbach und verschiedenen SPD-Landesinnenministern nun scheinbar torpediert werden.
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