Derzeit peitscht die Große Koalition ihr Anti-Terror-Paket durch den Bundestag. Das Verfahren ist nur als Farce zu bezeichnen. Als grüne Bundestagsfraktion werden wir uns auch weiterhin mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einsetzen, dass die Große Koalition das parlamentarische Verfahren nicht missbraucht, um eine sowohl sachbezogene als auch kritische Auseinandersetzung mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zu verunmöglichen. An dieser Stelle dokumentieren wir noch die Stellungnahmen der Sachverständigen der gestrigen Anhörung, die wir als Opposition gemeinsam unter Protest verließen.
Vor drei Jahren veröffentlichte Edward Snowden Unterlagen, die der Welt Einblick in ein ungeahntes, massives, in weiten Teilen rechtswidriges, internationales Überwachungssystem gewährten. Die Folge dieser Veröffentlichungen waren ein massiver Vertrauensverlust der Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft in die Integrität digitaler Kommunikationsinfrastruktur und in die Arbeit der Sicherheitsbehörden. Seit nunmehr rund zwei Jahren klärt der Bundestag mit einem Untersuchungsausschuss in dieser Sache auf. Öffentlich versprach die Regierung eine umfassende Aufklärung, rechtsstaatliche Konsequenzen und Einhegungen der Dienste sowie eine verbesserte Kontrolle durch Kanzleramt und Parlament. Nun plant die Große Koalition offenbar, die verfassungswidrigen Praktiken im Nachhinein zu legalisieren und ganze Bereiche geheimdienstlicher Tätigkeit der parlamentarischen Kontrolle zu entziehen. Wir werden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln in dieser Kernfrage der Rechtsstaatlichkeit für eine freie digitale Gesellschaft streiten und notfalls die Vorhaben vor dem Bundesverfassungsgericht beklagen.
Angesichts des jüngsten Vorschlags von Bundesinnenminister de Maiziere, ein Vermummungsverbot für Nutzerinnen und Nutzer des Internets einzuführen, reibt man sich fast ungläubig die Augen. Diese Debatte haben wir in den letzten Jahren nun wirklich erschöpfend geführt. Dass der Minister, um von eigenen, offensichtlichen Versäumnissen abzulenken, erneut einen Vorschlag aus der Mottenkiste konservativer Law & Order-Politik hervorkramt, ist kein Versehen, sondern hat seit langem System.
Heute das Bundesverfassungsgericht sein Urteils zum BKA-Gesetz verkündet. Hier findet Ihr eine Pressemitteilung des Gerichts. Auch Grüne hatten gegen das Gesetz geklagt. Vor Ort waren heute neben der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin, Britta Haßelmann, auch Wofgang Wieland, Hans-Christian Ströbele und Konstantin. Selten wurde ein Gesetz vor Gericht so auseinandergenommen wie jetzt das BKA-Gesetz. Das Gesetz ist in weiten Teilen unverhältnismäßig und intransparent. Es ist eine weitere herbe Niederlage für die Regierungskoalition vor Gericht. Diese hatte 2008 vor der Verabschiedung des Gesetzes alle fachlichen und rechtlichen Bedenken in den Wind geschlagen.
Anlässlich jüngster Medienberichte, nach denen der vom Bundeskriminalamt (BKA) entwickelte Trojaner zur „Online-Durchsuchung“ (Quellen-TKÜ) in Kürze die Einsatzgenehmigung erhalten soll, hat Konstantin unsere Bedenken, dass es tatsächlich zu einem verfassungskonformen Einsatz kommen kann, heute noch einmal erneut und die Bundesregierung aufgefordert, hier schnellstmöglich für Klarheit zu sorgen.
In den letzten Monaten drehte sich die Aufklärung des internationalen Überwachungs- und Geheimdienstskandals im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Bundestags vor allem um die Frage der sogenannten „Selektoren“. Deutlich wurde: Nicht nur US-amerikanische Dienste haben mit Hilfe dieser Suchbegriffe (Telefonnummern, E-Mail-Adressen und andere Telekommunikationsmerkmale von Personen) deutsche und europäische Grundrechtsträger und Firmen ausgespäht. Auch deutsche Geheimdienste haben sowohl „Selektoren“ der NSA als auch eigene eingesetzt. Diesen Komplex wollen wir weiter aufklären – auch, um die bisherige Abwehrhaltung der Bundesregierung kritisch zu hinterfragen und die Notwendigkeit gesetzlicher Konsequenzen zu verdeutlichen.
In einem Gastbeitrag, den ich für die „Friedens-Warte“, die älteste Zeitschrift im deutschsprachigen Raum für Fragen der Friedenssicherung und internationaler Organisationen, geschrieben habe, beschäftige ich mich mit der Aufklärung des Überwachungs- und Geheimdienstskandals und dem Verhältnis von Geheimnissen und Transparenz in demokratischen Rechtsstaaten. Meinen Beitrag dokumentieren wir hier. Den Originalbeitrag findet Ihr auch auf den Seiten der Friedens-Warte.
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