Das Darknet war in den letzten Monaten in aller Munde: Im Juli 2016 lief ein 18-jähriger Schüler im Münchener Olympia-Einkaufszentrum Amok und tötete neun Menschen. Tatwaffe und Munition hatte er sich im Darknet besorgt.

Das Darknet wird meist als digitaler Tummelplatz für Drogendealer, Waffenhändler und als Tauschbörse für Kinderpornografie dargestellt. Die Undifferenziertheit der Debatte in den letzten Monaten war frappierend. Das „Darknet“ – schon die Begrifflichkeit ist irritierend – ist zweifellos auch ein Sammel- und Marktplatz für Menschen, die mit Drogen oder Waffen handeln. Darauf müssen wir rechtsstaatliche Antworten finden, beispielsweise personell und materiell gut ausgestattete Polizeien und eine Justiz, die fit ist für das digitale Zeitalter.

Die aktuelle Diskussion vernachlässigt aber häufig, dass das Darknet sehr viel mehr ist als ein Sammelbecken für Kriminelle: Es ist auch Zufluchtsort für Journalistinnen und Journalisten, Whistleblowerinnen und Whistleblower und politisch Verfolgte in zahlreichen Ländern dieser Welt. China hat einen der effektivsten Zensurapparate der Welt – im Volksmund auch Great Firewall genannt. Erst vor wenigen Tagen hat die chinesische Regierung die Verwendung von VPNs (Virtual Private Networks), welche die Möglichkeit bieten, über einen ausländischen Server die Internetzensur zu umgehen, verboten. Chinesinnen und Chinesen, die unzensiert und anonym im Netz surfen wollen, bleiben wenig andere Möglichkeiten, als das Darknet zu nutzen.

Aber auch für Bürgerinnen und Bürger demokratischer Staaten ist das Darknet ein Zufluchtsort vor den von Edward Snowden enthüllten Überwachungspraktiken westlicher Geheimdienste. So lange wir nicht unsere digitale Infrastrukturen absichern, so lange wir als Staat nicht garantieren, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gilt, so lange wir selbst unsere Geheimdienste an einem System der anlasslosen Massenüberwachung teilnehmen lassen und solange wir als Staat den Export von Überwachungstechnik an despotische Länder unterstützen, so lange wird es auch das Darknet weiter existieren.

Die ARD hat sich kürzlich in einer spannende Dokumentation sehr differenziert mit dem Thema Darknet auseinandergesetzt. Hierzu durfte auch ich unter anderem meine Einschätzungen beitragen. Die Dokumentation könnt Ihr in voller Länge in der ARD-Mediathek ansehen. Die einzelnen Interviews, unter anderem mit mir, stellt die Tagesschau auf ihrer Seite mit Hintergründen rund um das Thema Darknet bereit.

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