Immer wieder werden wir in letzter Zeit nach dem aktuellen Stand der parlamentarischen Beratungen in Sachen Vorratsdatenspeicherung gefragt, daher an dieser Stelle ein kurzes Update. Die mit Spannung erwartete Anhörung zur weiterhin hoch umstrittenen Vorratsdatenspeicherung des federführenden Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, ist nunmehr terminiert.

Die Verzögerung ergab sich durch einen vorausgegangenen Streit zwischen Koalition und Opposition, den schließlich Bundestagspräsident Lammert schlichten musste. Die Koalition wollte die Anhörung über eines der umstrittensten Vorhaben der GroKo in dieser Wahlperiode in einer Haushaltswoche des Bundestages stattfinden lassen, quasi unter dem politischen Radar von Journalisten und Öffentlichkeit.

Diesem – mit den Stimmen der Großen Koalition gegen die Opposition durchgesetztem  – Ansinnen musste schließlich Bundestagspräsident Lammert eine Absage erteilen. Genau davor hatten wir die GroKo gewarnt, schließlich sind die hierzu festgehaltenen Regularien der Geschäftsordnung des Bundestages eigentlich gar nicht so schwer verständlich.

So heißt es in der Geschäftsordnung des Bundestages, dass Einigkeit zwischen den Fraktionen bestehen muss, wenn eine Anhörung in einer Haushaltswoche stattfinden soll. Diese Einigkeit lag augenscheinlich jedoch nicht vor, so dass dem Parlamentspräsidenten gar keine andere Möglichkeit blieb, als dem Ansinnen der GroKo eine Absage zu erteilen. Gerade vor diesem Hintergrund ist es umso unverständlicher, dass auch die SPD diesen Weg gewählt hat.

Der ganze Vorgang warf letztendlich erneut ein schlechtes Licht auf eine Große Koalition, die scheinbar gewillt ist, mit allen Mitteln ein Gesetz zu verabschieden, von dem nicht nur die Mehrzahl der hierzu bislang veröffentlichten Stellungnahmen, sondern die Juristen des Bundesjustizministerium selbst ausgehen, dass es die hohen rechtlichen Hürden, die Bundesverfassungsgericht und Europäischer Gerichtshof aufgezeigt haben, nicht nehmen wird.

Die Anhörung, die sich mit all diesen Fragen intensiv beschäftigen wird, wird nunmehr am  21. September 2015 ab 16:00 Uhr im Deutschen Bundestag stattfinden. Gegenstand der Anhörung wird neben dem „Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ vom 09.06.2015 (pdf) auch der „Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ vom 15.06.2015 (pdf) sowie ein Antrag der Linken „Auf Vorratsdatenspeicherung verzichten“ vom 20.05.2015 (pdf) vor.

Als Grüne Fraktion haben wir vor dem Hintergrund unserer zahlreichen Initiativen der letzten Jahre, unser hierzu immer wieder vorgebrachten Argumentation und der Tatsache, dass die Große Koalition bislang nicht gerade den Anschein macht, auf rechtsstaatliche Argumente eingehen und endlich von der VDS Abstand nehmen zu wollen, davon abgesehen, erneut eine eigene Initiative vorzulegen. Wer noch einmal unsere Argumente gegen eine Vorratsdatenspeicherung nachlesen will, dem sei der Offene Brief, den ich vor kurzem an den netzpolitischen Verein LOAD e.V. verfasst habe, ans Herz gelegt.

Im Vorfeld einer Anhörung werden die Fraktionen gebeten, ihre Sachverständigen zu benennen. Dieser Aufforderung kamen die meisten Fraktionen schon nach. Hier die Liste der bislang Nominierten.

Sachverständige:

  • Christoph Frank, Deutscher Richterbund e. V. (DRB), Vorsitzender, Oberstaatsanwalt in Freiburg i. Br.
  • Rainer Franosch, Hessisches Ministerium der Justiz, Wiesbaden, Oberstaatsanwalt
  • Dr. Heide Sandkuhl Deutscher Anwaltverein (DAV) e. V., Berlin, Vorsitzende des Ausschusses Gefahrenabwehr, Rechtsanwältin
  • Meinhard Starostik Rechtsanwalt, Berlin
  • Dr. Ferdinand Wollenschläger Universität Augsburg, Juristische Fakultät, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Europarecht und Öffentliches Wirtschaftsrecht

UPDATE 16.09.2015 (weitere Sachverständige nominiert)

  • Dr. Nikolaus Berger, Richter am Bundesgerichtshof, 5. Strafsenat, Leipzig
  • Frank Thiede, Bundeskriminalamt Wiesbaden, Leiter der Beratungsstelle für polizeipraktische Rechtsfragen und Rechtspolitik

Die Liste der Sachverständige findet sich auch auf den Seiten des Ausschusses. Da es leider noch nicht alle Fraktionen geschafft haben, ihre Sachverständigen zu benennen, wird sie noch ergänzt werden.

Stellungnahmen:

Die Sachverständigen wurden vorab gebeten, Stellungnahmen zu den vorliegenden Entwürfen einzureichen. Bislang liegt nur eine Stellungnahme vor. Sobald weitere Stellungnahmen vorliegen, werden wir hier darauf hinweisen. Die Übersicht der bislang eingegangenen Stellungnahmen wird auf den Seiten des Rechtsausschusses ebenfalls ständig aktualisiert.

UPDATE 15.09.2015 (weitere Stellungnahme eingetroffen)

UPDATE 16.09.2015 (weitere Stellungnahme eingetroffen)

UPDATE 18.09.2015 (weitere Stellungnahmen eingetroffen)

UPDATE 21.09.2015 (weitere Stellungnahmen eingetroffen)

Anmeldung:

Die Anhörung ist öffentlich, das heißt Interessierte können sich ab sofort unter Nennung von Datum und Thema der Anhörung, Name und Vorname sowie des Geburtsdatums per Mail über das Sekretariat des Ausschusses anmelden. Bitte vergesst nicht, zur Einlasskontrolle ein aktuelles Ausweisdokument mitzunehmen. Um behinderten Zuhörerinnen und Zuhörern die Teilnahme an den öffentlichen Anhörungen zu ermöglichen, bittet das Ausschusssekretariat bei der Anmeldung um Hinweise zu behinderungskompensierenden technischen Hilfsmitteln, die zur Verfügung gestellt werden sollen.

Tags

Comments are closed

Archive