Zur gestrigen Ankündigung von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, den Export deutscher Überwachungstechnik zukünftig auch national effektiver kontrollieren zu wollen, habe ich heute gemeinsam mit meiner Kollegin Agnieszka Brugger, Sprecherin für Sicherheitspolitik und Abrüstung der grünen Bundestagsfraktion, mit der ich das Thema seit langem bearbeite, Stellung genommen.

Die Entscheidung des Wirtschaftsministers, zukünftig den Export deutscher Überwachungs- und Spähsoftware auch national effektiver regulieren zu wollen, war lange überfällig. Viel zu lange hat die Bundesregierung bei entsprechenden Exporten nicht nur beide Augen zugedrückt, sie hat die höchst fragwürdigen Geschäfte einschlägig bekannter Firmen sogar aktiv unterstützt – zum Beispiel durch die Gewährung von Hermesbürgschaften. Indem sie sich in der Vergangenheit immer wieder gegen entsprechende Verschärfungen ausgesprochen hat, hat sich die Bundesregierung, die allzu gern in Sonntagsreden ihre Unterstützung für den arabischen Frühling und die weltweite Internetfreiheit beschwor, in der Vergangenheit zum Handlanger derjenigen gemacht, die die Freiheit des Internets massiv beschneiden und zentrale Menschenrechte mit Füßen treten.

Als Grüne Bundestagsfraktion machen wir seit Jahren auf das Problem aufmerksam und haben die Bundesregierung wiederholt, auch mit entsprechenden parlamentarischen Initiativen, die wir im Bundestag vorgelegt haben, aufgefordert, sich einer verbesserten Regulierung auch auf nationaler Ebene nicht länger zu verschließen. Exemplarisch sei an dieser Stelle auf unseren Antrag “Export von Überwachungs- und Zensurtechnologie an autoritäre Staaten verhindern – Demokratischen Protest unterstützen” (pdf) verwiesen. Klar ist: Viel zu lang hat die Bundesregierung allein auf die nationale Ebene verwiesen. Erst Anfang März dieses Jahres habe ich die Bundesregierung in einer schriftlichen Frage aufgefordert, endlich auch eine verbesserte nationale Regulierung anzugehen.

Konkret fragte ich die Bundesregierung: 

Wann ist, gerade vor dem Hintergrund jüngster Medienberichte über den erneuten Export entsprechender deutscher Technik an das Vereinigte Königreich Saudia-Arabien (vgl. „Deutsche Firmen lieferten Abhörtechnik an die Saudis“ Bild am Sonntag vom 8. Februar 2015), unabhängig von hierzu auf EU-Ebene stattfindenden Verhan­dlungen und bisherigen Verschärfungen, beispielsweise von Genehmigungs-pflichten, mit der Vorlage einer durch das Bundeswirtschaftsministerium und den Bundes­wirtschaftsminister angekündigten gesetzlichen Regelung zur Effektivierung der Bestimmungen für den Export von Überwachungs- und Spionagetechnik konkret zu rechnen?

Am 6. März 2015, also erst vor wenigen Wochen antwortet mir die Bundesregierung:

Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, hat im Mai vergangenen Jahres angekündigt, die Kontrollen des Exports von Überwachungstechnik weiter zu ver­bessern. Zur Definition von Überwachungstechnik wird auf die Antwort zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Haltung der Bundesregierung bezüglich der Effektivierung von Exportkontrollen für doppelverwendungsfähige Überwachungstechnologie und Zensursoftware“, Bundestagsdrucksache 18/2374 verwiesen. Entsprechend setzte sich die Bundesregierung aktiv dafür ein, dass die im Rahmen des Wassenaar-Arrangements beschlossenen erweiterten Kontrollen bei Gütern der Überwachungstechnik, für die ebenfalls auf die vorgenannte Antwort verwiesen wird, noch im vergangenen Jahr in der gesamten Europäischen Union (EU) in Kraft treten konnten. Damit unterliegen bestimmte Güter der Überwachungstechnik, die in der Vergangenheit ohne Stellen eines Genehmigungsantrages ausgeführt werden duften, nunmehr einer Genehmi­gungspflicht.

Darüber hinaus nahm im November vergangenen Jahres eine auf Initiative von Bundes­minister Gabriel eingerichtete EU-Expertengruppe zum Export von Gütern der Über­wachungstechnik ihre Arbeit auf, um die Exportkontrolle von Überwachungstechnik auf etwaige Lücken zu überprüfen und Vorschläge zu entwickeln, wie solche Kontrolllücken geschlossen werden können. Die Europäische Kommission hat dies als wichtiges Kernthema für die anlaufende Revision der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 (Dual-use-Verordnung) aufgegriffen. In Vorbereitung eines Gesetzgebungsvorschlags zur Änderung der Dual-use­Verordnung wird derzeit an einer Auswirkungsstudie zu den Optionen weiterer Regelungen gearbeitet. Die Ergebnisse sollen im Herbst dieses Jahres vorliegen. Parallel zu diesen EU-Prozessen prüft die Bundesregierung intensiv, ob und inwieweit eine sinnvolle Ergänzung nationaler Vorschriften notwendig und möglich ist.

Klar ist: Den jetzigen Ankündigungen müssen weitere, konkrete regulatorische Taten folgen. Die bereits in Aussicht gestellten Ausnahmen werden wir uns sehr genau anschauen. Zudem weisen wir auch an dieser Stelle noch einmal darauf hin: Die Bundesregierung muss die eindeutig menschenrechtswidrigen Praktiken endlich ächten. Den ganz offensichtlichen Widerspruch, auf der einen Seite entsprechende Exporte zwar unterbinden zu wollen, auf der anderen Seite aber selbst auf das Know-How dieser hochumstrittenen Firmen zurückzugreifen und sie durch öffentliche Aufträge weiter zu unterstützen, kann sie bis heute nicht auflösen. Als grüne Bundestagsfraktion werden wir auch hier am Ball bleiben.

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