Am 18. März berichtete heiseonline von insgesamt 38 zivilgesellschaftliche Organisationen, die gemeinsam in einer Erklärung fordern, Rechtsfragen bezüglich immaterieller Güter sowie datenschutzrechtliche Regelungen aus dem geplanten transatlantischen Freihandelsabkommen (TAFTA) zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika herauszuhalten. Zudem drängen die unterzeichnenden Organisationen mit Hinweis auf die unzureichende Transparenz des ACTA-Abkommens auf eine möglichst hohe Transparenz der Verhandlungen. Die Verhandlungsführer werden u.a. aufgefordert, TAFTA-Entwürfe und Positionspapiere „zeitnah und laufend“ zu veröffentlichen.

In einem Blogpost vom 18. März haben wir unsere Unterstützung bezüglich der Forderungen nach mehr Transparenz und einer tatsächlichen Diskussion über die Inhalte des zu verhandelnden Abkommens sein werden, zugesagt. Angesichts der Tatsache, dass die Bundesregierung bis heute an den Inhalten des ACTA-Abkommens festhält und nur durch anhaltende, massive gesellschaftliche Proteste von Zivilgesellschaft und Opposition überhaupt dazu gebracht werden konnte, das Abkommen auf Eis zu legen, teilen wir die Befürchtung, dass die Bundesregierung die bei ACTA gemachten Erfahrungen nun bei TAFTA wiederholen könnte und wurden in den Antworten der Bundesregierung auf hierzu von uns eingereichte Fragen bestärkt. U.a. hatte netzpolitik.org über unsere Initiativen berichtet.

Nach der Beantwortung unserer ersten schriftlichen Frage vom 18.03.2013, die Ihr hier noch einmal im genauen Wortlaut nachlesen könnt, war klar, dass der Bundesregierung derzeit bereits in erster Entwurf eines Verhandlungsmandates vorliegt. Über dessen exakten Wortlaut und bezüglich meiner Frage, ob dieser bereits entsprechende Regelungen enthält, schwieg sich die Bundesregierung aus, obwohl die Diskussion über die genaue Ausgestaltung des Mandats nach Auskunft der Bundesregierung in den Ratsgremien jedoch bereits im vollen Gange ist. Wie sich die Bundesregierung hier konkret verhält, welche Positionen sie vertritt, dazu erfuhr man leider nichts.

Ganz grundsätzlich, so die Antwort der Bundesregierung, erwarte man jedoch, dass auch „Regelungen zum Schutz geistiger Eigentumsrechte“ Teil des Abkommens sein werden und verwies darauf, dass dies auch bei früheren Abkommen der Europäischen Union mit anderen Drittstaaten der Fall war. Die Bundesregierung sprach sich in ihrer Antwort zudem – im Gegensatz zu den zivilgesellschaftlichen Organisationen – explizit dafür aus, dass entsprechende Regelungen auch bei TAFTA Berücksichtigung finden, da hohe Schutzstandards „im Interesse der europäischen – und auch deutschen – Industrie“ lägen.

Es schien sich somit zu bewahrheiten, dass CDU/CSU und FDP aus den bei ACTA gemachten Erfahrungen in der Tat wenig gelernt haben und nach wie vor nicht bereit sind, auch andere Interessen als die der Wirtschaft in ihre Überlegungen mit einzubeziehen. Um die Bereitschaft der schwarz-gelben Bundesregierung, eventuell doch noch umzudenken, zu erhöhen, hatte ich vor Ostern eine weitere schriftliche Frage an sie gerichtet. Die Frage im konkreten Wortlaut lautete:

Wird sich die Bundesregierung, auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen, die sie im Zuge der Verhandlungen um das letztendlich gescheiterte Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA-Abkommen) gemacht hat, diesmal für eine möglichst umfassende Transparenz der Verhandlungen eines geplanten transatlantischen Freihandelsabkommens zwischen der Euro­päischen Union und den USA (TAFTA) einsetzen und sich gegenüber den Verhandlungsparteien für eine tatsächliche Beteiligung der Zivilgesellschaft an den Verhandlungen, zum Beispiel durch begleitende öffentliche Stakeholder-Meetings oder ein Konsultationsverfahren, aussprechen?

Am 8. April erreichte mich die Antwort der Bundesregierung, die wir an dieser Stelle ebenfalls dokumentieren. Sie lautet:

Der Bundesregierung liegt derzeit ein Entwurf der Europäischen Kommission für ein Verhandlungsmandat vor, welches der Rat der Europäischen Kommission für die Verhandlungen eines umfassenden Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika erteilen soll.

Auf der Basis des zu erteilenden Mandats wird die Europäische Kommission die Verhandlungen für die EU mit den Vereinigten Staaten von Amerika führen. Die Bundesregierung wird sich daher schon an der fachlichen Abstimmung des Mandatsentwurfs intensiv beteiligen. Zudem wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Europäische Kommission von Anfang an nicht nur im Namen der Europäischen Union, sondern auch im Namen der Mitgliedstaaten verhandelt. Hierdurch erreichen wir eine bessere Ausgangsposition für die Abstimmung von Textentwürfen in den einzelnen Verhandlungsphasen.

Die Bundesregierung setzt sich gegenüber der Europäischen Kommission zudem insgesamt für einen transparenten Verhandlungsprozess ein und wird durch den Handelspolitischen Ausschuss des Rats eng in die Verhandlungen eingebunden sein. Die Europäische Kommission – wie auch das mitentscheidende Europäische Parlament – wird über Anhörungen und Konsultationen mit den betroffenen Wirtschaftskreisen und der Zivilgesellschaft in Kontakt treten. Das federführende Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie wird am 10.04.2013 eine erste Anhörung von betroffenen Wirtschaftskreisen und Kulturverbänden durchführen, um dem breiten öffentlichen Interesse und dem Wunsch nach Transparenz auch von Seiten der Bundesregierung zu entsprechen.

Bewertung der Antwort der Bundesregierung:
Der im ersten Absatz der Antwort der Bundesregierung umschriebene Umstand war bereits nach der letzten Antwort bekannt. Neu hingegen ist, dass die Bundesregierung offenbar insofern aus den bei ACTA gemachten Fehlern zu lernen beabsichtigt, als dass sie sich nun aktiv in die weiteren TAFTA-Verhandlungen einbringen will. Zur Erinnerung: Bei ACTA musste sie wiederholt darauf verweisen, dass man selbst nicht Verhandlungspartei sei und dementsprechend wenig bis keinen Einfluss auf die Verhandlungspostionen der Kommission habe. Dies will man nun offenbar im Vorfeld der TAFTA-Verhandlungen vermeiden, was grundsätzlich erst einmal zu begrüßen ist.

Die Bundesregierung will sich des Weiteren nach eigenen Aussagen „schon an der fachlichen Abstimmung des Mandatsentwurfs intensiv beteiligen“. Leider verliert sie auch weiterhin kein Wort zum bisherigen Inhalt des Mandats und darüber, welche Positionen sie bei einer anstehenden Überarbeitung vertreten will. Das ist schade.

Erfreulich ist das langsame Umdenken der Bundesregierung in Sachen Transparenz. So gibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf meine neuerliche Frage an, sich gegenüber der Europäischen Kommission „insgesamt für einen transparenten Verhandlungsprozess“ einsetzen zu wollen. Auf die Ergebnisse dieses Engagement darf man gespannt sein.

Zunächst verweist die Bundesregierung in ihrer Antwort darauf, dass die EU-Kommission über Anhörungen und Konsultationen mit den betroffenen Wirtschaftskreisen und der Zivilgesellschaft in Kontakt zu treten beabsichtigt. In welchem Rahmen zivilgesellschaftliche Vertreterinnen und Vertreter von der Kommission an den weiteren Verhandlungen in welcher Form beteiligt werden, bleibt abzuwarten.

Interessant ist, dass das bei TAFTA federführende Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie bereits am heutigen 10.04.2013 eine erste Anhörung von betroffenen Wirtschaftskreisen und Kulturverbänden durchgeführt hat, „um dem breiten öffentlichen Interesse und dem Wunsch nach Transparenz (…) zu entsprechen“.

Um zu erfahren, wer zu dem Gespräch im Wirtschaftsministerium eingeladen war, habe ich der Bundesregierung heute eine weitere schriftliche Frage gestellt. Wir bleiben also am Ball.

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