Update: Spiegel Online berichtet heute, dass die Bundesregierung einen Rüstungsexperten eines Unternehmens, das auch Überwachungstechnologien vertreibt, in die deutsche Delegation aufgenommen hat. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass die Bundesregierung diese Information nicht auf die unten stehende schriftliche Frage nannte und auf der WCIT12 zahlreiche autoritäre Regime für eine verstärkte staatliche Überwachung des Internetes werben.

In der kommenden Woche beginnt die World Conference in International Telecommunications (WCIT-12) der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) in Dubai. Auf dieser zwischenstaatlichen Konferenz wird die weitreichende Ausweitung des Mandates der ITU beraten, die sich massiv auf die Regelungen zur Netzarchitektur auswirken könnte. Dies wurde bereits vielfältig von zivilgesellschaftlichen Organisationen kritisiert. Ebenfalls haben sich die Abgeordneten des Europäischen Parlaments mit einer kritischen Resolution an die ITU gewandt. Ich habe bereits im Mai dieses Jahres die Bundesregierung nach ihrer Position in Sachen ITU und WCIT12 befragt – auch um so eine größere Transparenz in das undurchsichtige Verfahren zu bringen.

Vor urzem habe ich die Bundesregierung  in einer weiteren Frage nach ihrer konkreten Position und der Einbeziehung der zivilgesellschaftlichen Interessen befragt, um noch mehr Transparenz in das Verfahren zu bringen. Am gleichen Tag wurden die Verhandlungspostionen geleakt. Transparenz wurde also nunmehr hergestellt – nur leider erneut nicht von denjenigen, von denen man sie eigentlich erwartet.

Konkret wollte ich von der Bundesregierung wissen, wie sie ihre mehrfach geäußerten „Vorbehalte gegenüber einer Aufnahme von betrieblichen Regelungen“ tatsächlich in die Verhandlungen bislang eingebracht hat und in welcher Form die Bundesregierung ihre Kritik während der Konferenz in Dubai vorbringen wird. Zudem habe ich die Bundesregieurng befragt, wie sie sicherstellt, dass die Interessen der Zivilgesellschaft angemessen vertreten sind. Über meine Fragen im Wortlaut hatte ich ja bereits berichtet. Heute hat mich die Antwort der Bundesregierung erreicht.

Die Antwort des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie lautet:

Die Vorbehalte der Bundesregierung gegen betriebliche Regelungen im Rahmen der ITRs sind sowohl bei den Vorbereitungstreffen der ITU für die Konferenz auf weltweiter Basis als auch bei den Diskussionen der europäischen Regionalorganisation (CEPT) der ITU geltend gemacht worden. Die Bundesregierung wird diese grundsätzliche Haltung auch in den Verhandlungen in Dubai gegenüber den Mitgliedstaaten der ITU vertreten.

Die Bundesregierung hat neben Vertetern von Verbänden und Unternehmen auch Vertreter der Zivilgesellschaft zu den von ihr organisierten Informationsveranstaltungen zur WCIT eingeladen. In den Veranstaltungen haben die Vertreter der Bundesregierung auch auf die Möglichkeit hingewiesen, dass Vertreter von Verbänden, Unternehmen und der Zivilgesellschaft in die deutsche Delegation aufgenommen werden können. Von dieser Möglichkeit wurde sowohl von Vertretern von Verbänden, Unternehmen als  auch von der Zivilgesellschaft Gebrauch gemacht.

Auf die Frage „aus welchen Abteilungen/Referaten welcher Bundesministerien“ die deutsche Delegation stammen und ob „Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft Teil der deutschen Delegation“ sind, antwortet die Bundesregierung:

In der deutschen Delegation vertreten sind das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Abteilung IT, Kommunikations- und Postpolitik), das Auswärtige Amt (Organisationseinheit für Cyberaußenpolitik, Generalkonsulat Dubai) und des Bundesministeriums des Inneren (Abteilung für Informationstechnik). Auch die Zivilgesellschaft wird in der deutschen Delegation vertreten sein.

Bewertung der Antworten der Bundesregierung:
Ende September wurde auf Einladungsbasis ein Positionsaustausch mit dem federführenden Wirtschaftsministerium abgehalten. Eine offene und öffentliche Konsultation erfolgte demnach nicht. Dementsprechend unklar ist, welche Vertreter der Zivilgesellschaft in die Delegation nach welchen Kriterien in die Delegation aufgenommen wurden.  Grundsätzlich befürworten wir die Position der Bundesregierung, das Mandat der ITU nicht auf betriebliche Regelungen für das Internet auszuweiten. Unabhängig davon ist es unsere Auffassung, dass der bislang beschrittene Weg des Multi-Stakeholder-Ansatzes in der internationalen Internet Governance weiterhin gegangen werden muss. Die Berücksichtigung der Interessen der Zivilgesellschaft, der Nutzerinnen und Nutzer, der Bürgerinnen und Bürger müssen in einem offenen und transparenten Verfahren erfolgen und dürfen nicht in der Verhandlung einer zwischenstaatlichen Organisation hinten runter fallen. Wir werden die Entwicklungen der ITU weiterhin verfolgen und werden vom WCIT-12 berichten.

Anhörung zur Internet Governance der Enquete-Kommission Internet & digitale Gesellschaft
Am 19.11.12 fand im Rahmen der Projektgruppe „Internationales und Internet Governance“ der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft eine öffentliche Expertenanhörung zu dem Thema Internet Governance statt. Hier könnt Ihr die komplette Anhörung mit drei Ministeriumsvertretern und Prof. Dr. Wolfgang Keinwächter nachschauen.

 

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