Vor wenigen Tagen haben wir hier eine kurze Bewertung des schleswig-holsteinischen Koalitionsvertrages aus innen- rechts-, medien- und netzpolitischer Sicht vorgenommen. An dieser Stelle hat Matthi Bolte einen kurzen Gastbeitrag verfasst, in dem er eine Kurzbewertung des NRW-Koalitionsvertrags aus netzpolitischer Sicht vornimmt.

Der Koalitionsvertrag trägt netzpolitisch durch die Definition der Werte „Teilhabe, demokratisches und solidarisches Miteinander, Offenheit und Freiheit“ eine klar erkennbare grüne Handschrift.

Netzpolitik wird im Koalitionsvertrag als Querschnittsaufgabe verstanden und findet sich in verschiedenen Bereichen des Vertrags wieder. Hier findet Ihr den kompletten Koalitionsvertrag. Einige Punkte möchten wir hier hervorheben:

  1. 1.    Open Government und Open Data
    Wir konnten Einiges zu diesem Themenfeld im Koalitionsvertrag verankern. So soll die Open Government Strategie der Landesregierung weiter entwickelt werden; dieser Prozess läuft bereits seit Ende 2011 und berücksichtigt auch die Erfahrungen aus den verschiedenen Online- Konsultationen im Jahr 2011. Auch Open Data ist als wichtiges Thema im Koalitionsvertrag verankert. Alle Daten des Landes und seiner verschiedenen Stellen sollen künftig in einem zentralen Open Data- Portal online zur Verfügung gestellt werden. Die Veröffentlichung erfolgt unter freier Lizenz und ermöglicht auch die kommerzielle Nutzung. Dieses zentrale Informationsregister soll auch im Informationsfreiheitsgesetz verankert werden. Insgesamt wollen wir das Informationsfreiheitsgesetz zu einem Transparenzgesetz weiterentwickeln. Schließlich konnten wir auch technische Offenheit als Ziel der Open Government Strategie verankern. Das bedeutet, dass eine Strategie zum verstärkten Einsatz von freien und offenen Standards, Schnittstellen und Protokollen, sowie von freier und offener Software in der Landesverwaltung entwickelt werden soll.
  1. 2.    Stärkung der Medienkompetenz
    Das Ziel eines souveränen und barrierefreien Umgangs mit dem Internet, Computern und Medieninhalten wurde als Ziel der Angebote zur Medienkompetenzförderung der Landesanstalt für Medien (LfM) definiert. Diese Angebote sollen möglichst frei zugänglich sein. Hervorzuheben ist, dass nicht wie so oft „nur“ Kinder und Jugendliche als Zielgruppe festgelegt sind, sondern dass der Fokus auch auf ältere Menschen und sozial Benachteiligte gelegt wird. Mit Blick auf den Jugendmedienschutz wird im Vertrag definiert, dass Medienkompetenz die Voraussetzung für einen wirksamen Kinder- und Jugendmedienschutz ist. Ebenso aufgenommen haben wir das Vorhaben, im Bildungsbereich freie Medien und freie Software zu nutzen, um bereits früh Erfahrungen mit technischer Vielfalt zu ermöglichen. Modellprojekte zur Schaffung offener und freier Lehr- und Lerninhalte (Open Educational Ressources, OER) sind ebenfalls ein Rot- Grünes Ziel.
  1. 3.    Teilhabe am Internet
    Wir werden den Breitbandausbau weiter forcieren. Ziel ist die Versorgung aller Haushalte in NRW mit 50 Mbit/s bis zum Jahr 2018. Darüber hinaus haben wir eine Bundesratsinitiative für eine Breitband- Universaldienstverpflichtung im Koalitionsvertrag verankern können. Wer von Breitband spricht, sollte von Netzneutralität nicht schweigen. Daher haben wir im Koalitionsvertrag die durchsetzungsstarke gesetzliche Regelung der Netzneutralität in Deutschland und Europa als Ziel aufgenommen und werden in dieser Richtung verschiedene Initiativen unternehmen. Zugänge bietet auch ein stärkerer Ausbau öffentlicher WLANs. Um diesen zu unterstützen, wird die Landesregierung Best- Practice Beispiele zugänglich machen. Um Freifunk rechtssicher zu gestalten, wollen wir eine Bundesratsinitiative für eine Haftungsprivilegierung Haftungsprivilegierung von BetreiberInnen öffentlicher WLAN Zugänge unternehmen.
  1. 4.    Eindämmung des Abmahnwesens
    In Deutschland erfolgen jährlich rund 700.000 Abmahnungen durch sog. Abmahnanwälte. Die im Jahr 2008 eingeführten Mechanismen zum Schutz der VerbraucherInnen und zur Eindämmung des Abmahnwesens sind nicht weitreichend genug. Deshalb werden wir eine Bundesratsinitiative ergreifen, um zur Entkriminalisierung von Nutzerinnen und Nutzern beizutragen. Im Übrigen soll der Dialog über ein zukunftsfähiges Urheberrecht fortgesetzt werden.

Vereinzelt Kritische Rückmeldungen erreichten uns bereits aufgrund der Formulierungen im Koalitionsvertrag zur Quellen-TKÜ und zur Vorratsdatenspeicherung. Hier findet Ihr eine weitere Bewertung des Koalitionsvertrags, in der wir u.a. auch auf diese Passagen eingehen.

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