Im September 2011 haben sich am Rande der UN-Generalversammlung in New York die Regierungen von knapp 50 Ländern auf Initiative der USA und Brasiliens offiziell zur Open Government Partnership (OGP) zusammengeschlossen. Formuliertes Ziel des Zusammenschlusses ist es, politische Offenheit, Transparenz und Zusammenarbeit staatlicher Stellen mit der Zivilgesellschaft zu fördern.

Die der Partnership beigetretenen Länder sind aufgefordert, nationale Handlungspläne zur Umsetzung der Vorgaben für einen offeneren Regierungsstil zu erarbeiten. Einzelne Länder haben diese vorgelegt, z.B. die USA. So sieht der Handlungsplan der USA neben zahlreichen weiteren Bausteinen unter anderem die Einrichtung einer Online-Petitionsplattform, konkrete Maßnahmen für einen verbesserten Schutz von Whistleblowern sowie eine Initiative zur Veröffentlichung der Einnahmen aus natürlichen Ressourcen vor.

Über 80 Länder, darunter Deutschland, erfüllen bislang die Kriterien der Open Government Partnership und sind explizit eingeladen, sich an ihr zu beteiligen, um die gesteckten Ziele gemeinsam zu verwirklichen. Während seit deren Start bereits zahlreiche Länder der Initiative beigetreten sind, ist die schwarz-gelbe Bundesregierung – vorsichtig ausgedrückt – bislang sehr zurückhaltend, was einen Beitritt der Bundesrepublik zur Partnerschaft angeht.

So hieß es von Seiten des zuständigen Bundesinnenministeriums auf eine entsprechende Nachfrage von zeitonline im September 2011, dass man die Entscheidung über einen möglichen Beitritt und eine Teilnahme am ersten OGP-Gipfel, der im März in Brasilien stattfand, erst nach Vorliegen der Partnerschaftserklärung und nationaler Implementierungspläne fällen könne.

Zahlreiche Vertreter der Zivilgesellschaft drängten daraufhin – und drängen seit langem –  auf eine rasche Entscheidung Deutschlands über den Beitritt, um dem Thema Open Government hierzulande neuen Schwung zu verleihen.

Wir Grünen unterstützen die Forderung der zivilgesellschaftlichen Akteure nach einem Beitritt Deutschlands zur Open Government Partnership schon lange. Bereits am 26.09.2011 hatten wir die Bundesregierung schriftlich gefragt, wann mit der Vorlage des nationalen Implementierungsplan zu rechnen sei.

Meine damalige Frage im Wortlaut:

Wann wird – auch in Hinblick auf den bisherigen Nicht-Beitritts Deutschlands zur sogenannten Open Government Partnership (OGP) – der nationale Implementierungsplan vorgelegt, der laut Auskunft des Bundesministeriums des Inneren (zeitonline 6. September 2011) Bedingung für den Beitritt Deutschlands zur OGP ist?

Die Antwort der Bundesregierung vom 30. September 2011 lautete:

Das Bundeskabinett hat im August 2010 in seinem Regierungsprogramm „Vernetzte und transparente Verwaltung“ das Projekt Open Government beschlossen. Bis 2013 soll eine gemeinsame Strategie für ein offeneres Regierungshandeln entwickelt und einzelne Maßnahmen umgesetzt werden. Ziel ist es dabei insbesondere, die vorhandenen Strukturen des Bundes sowie der Länder und Kommunen besser zu vernetzen.

Bisheriger Schwerpunkt der Arbeiten bildet die Öffnung von Datenbeständen der öffentlichen Hand, in der Regel in Form von Rohdaten, zur Weiterverwendung und Weiterverbreitung für die Allgemeinheit (Open Data). Hier gibt es bereits heute erhebliche Datenbestände, die der Allgemeinheit zur Verfügung stehen, z.B. im Bereich Statistik, Geoinformationswesen und Umwelt. Bis 2013 soll eine ebenübergreifende Plattform ausgebaut werden, um Informationen und Angebote im Bereich Open Government zentral einzustellen und so den Zugang zu den jeweiligen Datenbeständen zu erleichtern.

Die konkreten Meilensteine sowie der Projektstand ergeben sich aus dem öffentlichen Monitoring des Regierungsprogramms (www.verwaltung-innovativ.de). Die Bundesregierung begrüßt die Initiative Open Government Partnership, sieht jedoch im Hinblick auf notwendige Schwerpunktsetzungen ihre Aufgabenfelder zunächst auf nationaler und europäischer Ebene.

Gerade in der Bündelung der bestehenden Angebote und Vereinbarung von gemeinsamen Standards im Bereich Open Data wird ein hoher Mehrwert für die Bürger gesehen.

Die damalige Antwort der Bundesregierung machte einmal mehr deutlich, dass man zwar dem Thema Open Government mittlerweile eine gewisse Bedeutung zumisst und auch auf nationaler Ebene einzelne Projekte hierzu angestoßen hat. Gleichzeitig, das hat auch eine gestrige  Anhörung im Unterausschuss Neue Medien noch einmal verdeutlicht, lässt die Bundesregierung aber noch immer ein koordiniertes Vorgehen vermissen und sieht keine Notwendigkeit, die Ernsthaftigkeit der eigenen Aussagen durch begleitende, gesetzliche Regelungen zu belegen. Da also die Versuche der Bundesregierung, einen tatsächlichen Kulturwandel herbeizuführen, noch immer viel zu zaghaft sind, haben wir Grünen uns dazu entschlossen, nach der Sommerpause eine eigene gesetzliche Regelung hierzu vorzulegen. Parallel setzen wir uns dafür ein, ein Informationszugangsgrundrecht im Grundgesetz zu verankern und haben gerade einen entsprechende parlamentarische Initiative im Bundestag vorgelegt. Ein begleitendes Positionspapier mit ersten Eckpunkten haben wir bereits verabschiedet. Eine Übersicht unserer vielfältigen Aktivitäten im Bereich Informationsfreiheit und Open Data findet Ihr hier.

Doch zurück zur Antwort der Bundesregierung. Trotz des Bemühens, weitere Datenbestände zu öffnen, hat sie durch ihre Antwort noch einmal verdeutlicht, dass sie noch immer, gerade wenn es um den Bereich der Netzpolitik geht, viel zu sehr nationalstaatlich denkt und den Blick über den Tellerrand scheut.

Letztendlich sagt die Antwort der Bundesregierung nichts anderes, als dass es bis zur Vorlage der gemeinsamen Strategie für ein offenes Regierungshandeln im Jahr 2013 keinen Beitritt zur Open Government Partnership (OGP) geben wird. Eine neue Verwaltungskultur etabliert man so nicht — und die zivilgesellschaftlichen Initiativen pro Open Government und für offene Daten werden unnötig ausgebremst. Das Vorgehen der schwarz-gelben Bundesregierung, hier auf Zeit zu spielen, ist umso bedauerlicher, als dass man von den Erfahrungen, die andere Länder in diesem Bereich machen, durchaus profitieren könnte und auch innerhalb der Europäischen Union mit großem Interesse Deutschlands Engagement auf diesem Gebiet verfolgt wird. Hierauf hatte die für die „Digitale Agenda“ zuständige Kommissarin Kroes immer wieder hingewiesen.

Auch während der gestrigen Anhörung, bei der auch ein Vertreter der Bundesregierung anwesend war, wurde das (Nicht-)Engagement Deutschlands im Rahmen der Open Government Partnership noch einmal thematisiert. Um die Bereitschaft zu steigern, der Initiative eventuell doch noch zeitnah beizutreten, habe ich der Bundesregierung heute eine weitere Frage bezüglich des deutschen Engagements im Rahmen der Open Government Partnership gestellt. Meine Frage lautet:

Bleibt es, auch angesichts der innerhalb der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ zum Ausdruck gekommenen, fraktionsübergreifenden Einigkeit bezüglich der zentralen Bedeutung des Themas für die moderne Wissens- und Informationsgesellschaft, aber auch angesichts der zunehmenden multilateralen Kooperation der internationalen Staatengemeinschaft bei der bisher von der schwarz-gelben Bundesregierung verfolgten Vorgehensweise, die Open Government Partnership Initiative zwar zu begrüßen, ihr gleichzeitig jedoch mit Hinweis auf eine notwendige Schwerpunktsetzung erst beitreten zu wollen, nachdem eine für frühestens 2013 anvisierte, ebenenübergreifende Plattform auf Bundesebene realisiert ist, und wie erklärt es sich nach Ansicht der Bundesregierung, dass andere Mitglieder des Netzwerkes ein gleichzeitiges Engagement auf nationaler und internationaler Ebene durchaus realisieren können, während sich die Bundesregierung hierzu nicht im Stande sieht?

Über die Antwort der Bundesregierung auf meine Frage halten wir Euch selbstverständlich auf dem Laufenden. Hier findet Ihr eine Übersicht unserer Aktivitäten im Bereich Open Data.

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