Das von der Europäischen Kommmission gegenüber Deutschland gesetzte Ultimatum zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie läuft Ende der Woche aus. Innenminister Friedrich hat Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger ihren Gesetzesentwurf, der, wenn es nach der Ministerin ginge, als Grundlage der weiteren Beratungen im schwarz-gelben Kabinett dienen sollte, erneut mit ebensozahlreichen wie grundlegenden  Änderungswünschen zurückgeschickt. Durch die kategorische Ablehnung der Vorschläge des Bundesjustizministeriums durch das Bunbdesinnenministerium ist eine Einigung unter den Koalitionspartnern – erneut – in weitere Ferne gerückt.

Bundesminister Friedrich will weiterhin die anlasslose sechsmonatige Massenspeicherung der Verkehrsdaten aller Bürgerinnen und Bürger. Darüber hinaus besteht er auch weiterhin auf umfangreiche Zugriffsmöglichkeiten der Behörden auf die erzwungenen Datensätze, in bestimmten Fällen selbst für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten.Er spielt weiter auf Zeit und scheint, mit dem der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung immenanten Generalverdacht gegen die Bürgerinnen und Bürger in den Wahlkampf ziehen zu wollen.

Die halbgaren Änderungsvorschläge aus dem Hause Friedrich bleiben den Nachweis der Umsetzbarkeit auch weiterhin schuldig. Der Innenminister verkauft seine Maximalforderungen und Verschärfungen zulasten der Bürgerrechte als Forderungen des Bundesverfassungsgerichts. Das ist unredlich und falsch. Die von Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger vorgeschlagene Alternative der Sicherungsanordnung für ansonsten zu löschende Daten (Quick Freeze) wird gleich mit übernommen und auf drei Monate Speicherdauer verschärft.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Aufhebung des damaligen Speichergesetzes lediglich Mindestanforderungen, die in jedem Fall gewahrt bleiben müssen, und eine rote Linie skizziert. Dabei hat das Gericht zahlreiche zusätzliche Anforderungen benannt, auf die Friedrichs Vorschläge mit keinem Wort eingehen. Das Gericht fordert eine zwingende „Überwachungsgesamtrechnung“, bevor verpflichtende Massenspeicherungen angeordnet werden und stellt zusätzliche Anforderungen an die Datensicherheit. Bis heute liegen noch immer keine Entwürfe vor, die den hohen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts angemessen Rechnung tragen. Hier wären vor allem die konservativen Befürworter einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung in der Pflicht.

Die ständige Eskalation des Bundesinnenministers zeigt eine bedauerliche Ignoranz gegenüber seiner Aufgabe, sich schützend vor die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger zu stellen. Die Umsetzungsfrist der EU-Kommission gibt keinerlei Anlass, in hysterische Wallungen zu verfallen. Die Fristsetzung mutet angesichts der eigenen, ambivalenten Haltung der Kommission zur Vorratsdatenspeicherung und der immer wieder verschobenen Vorlage einer überarbeiteten Richtlinie merkwürdig an.

Die Umsetzung einer verfassungsrechtlich auch weiterhin so fragwürdigen Richtlinie, die in Kürze endgültig novelliert werden soll und überdies dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorliegt, ist schlicht grober Unfug.

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