Die Mehrheit der Bundesbürger steht der Wiedereinführung der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung ihrer Telekommunikationsverkehrsdaten zu allgemeinen Sicherheitszwecken ablehnend gegenüber.

Allein die CDU/CSU drängt weiterhin auf eine weitestgehend unveränderte Neuauflage der Massenspeicherung, deren Rechtsgrundlage noch im März vergangenen Jahres vom BVerfG für verfassungswidrig erklärt worden war.

Noch hält die Bundesjustizministerin tapfer dagegen, aber wie lange noch? Sie gerät zunehmend auch durch die SPD unter Druck, die sich offenbar nicht von ihrer Tatherrschaft in Sachen Einführung der Vorratsdatenspeicherung während der großen Koalition lösen kann und zur Zeit durch unnötige Kompromissvorschläge auffällt.

Erst kürzlich gab es noch einmal unerwartete Schützenhilfe für die Gegner der Vorratsdatenspeicherung durch die Generalstaatsanwaltschaft München, deren Liste über tatsächliche Speicherzeiten von TK-Providern die Frage aufwirft, ob die pauschalen Behauptungen der Befürworter der Massenspeicherung zutreffend sein können, wenn nach wie vor und hinsichtlich zahlreicher Datenarten pauschale Speicherzeiten von bis zu sechs Monaten für Abrechnungszwecke festgelegt werden.

Insbesondere das Ausmaß ideologischer Verbohrtheit innerhalb der Union scheint in dieser Frage keine Grenzen zu kennen. Sie versucht weiter den Druck auf den Koalitionspartner aufrecht zu halten und nutzt zur Zeit offenbar die Verhandlungen um die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes, um durch die Hintertür zu einer Regelung einer Mindestspeicherungspflicht zu allgemeinen Sicherheitszwecken zu gelangen. Die Union forciert damit eine Vorratsdatenspeichnerung durch die Hintertür, wie auch heise gestern vollkommen zu Recht feststellte.

In den Nachforderungen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum aktuellen TKG-Regierungsentwurf heißt es nämlich:

„In § 97 Ab.s 4 TKG-E wird eine sechsmonatige Speicherung von Verkehrsdaten vorgeschrieben.“

Für diese beabsichtigte Einführung der vormals in den §§ 113 a, 113 b TKG gesondert geregelten Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür wird die Bestimmung über die zulässigen Höchstspeicherfristen von Verkehrsdaten für Abrechnungszwecke missbraucht.

Laut aktuellem Gesetzentwurf dürfen die in § 97 Abs. 4 TKG-E geregelten Intercarrier-Daten für maximal drei Monate gespeichert werden, müssen aber bereits vorher gelöscht werden, wenn sie für Abrechnungszwecke nicht mehr erforderlich sind. Mit gutem Grund wird allerdings bereits die pauschale Ermächtigung zu einer dreimonatigen Speicherung dieser Daten kritisch hinterfragt.

Die von der Union nun vorgeschlagene Lösung ist somit denkbar schlicht: Aus der Möglichkeit zur dreimonatigen Sammlung von „Verkehrsdaten“ soll eine sechsmonatige Verpflichtung werden. Dieser erneute Vorschlag dokumentiert nicht nur den katastrophalen Umgang der Koalitionspartner miteinander, sondern auch das krude Rechtsverständnis der Scharfmacher in Sachen Innerer Sicherheit.

Die Systematik des TKG wird ohne Umschweife über den Haufen geworfen, wenn es um die Unterbringung einer anlasslosen Speicherpflicht geht, die bürgerrechtlich so brisante Bestimmung wird versteckt. Dabei dreht sich § 97 TKG gerade um zweckbegrenzte Speicherungen nach dem Erforderlichkeitsgrundsatz – mit Beschränkung auf Abrechnungszwecke.

In der Tat gehört diese Vorschrift überarbeitet, das hat vor allem die oben bereits benannte Liste und die darin angedeuteten, offenbar weit über das zulässige hinausgehenden Speicherpraxen der TK-Provider gezeigt. Aber dann geht es nicht um die Ausweitung der Speichermöglichkeiten, sondern im Gegenteil um die striktest mögliche Begrenzung der Speicherungen auf das Notwendigste, zum Schutz der Daten und Informationen der Bürgerinnen und Bürger.

Wir Grüne lehnen die anlasslose Vorratsdatenspeicherungspflicht ohne Wenn und Aber ab. Wir haben einen umfangreichen eigenen Antrag zur TKG-Novelle vorgelegt. Und wir werden sehr wachsam sein, wenn die Regierung versuchen sollte, an der Öffentlichkeit vorbei ein für uns nicht akzeptables Instrument aus dem Arsenal des Polizeistaates in das geplante Telekommunikationsrecht hineinzumogeln.

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