Die Arabischen Revolution, der Sturz Guttenbergs, die Menschenkette in Stuttgart viele Ereignisse, die die Schlagzeilen der letzten Wochen bestimmten, wären ohne das Internet nicht denkbar gewesen. Doch welche Chancen bietet das Netz wirklich, welche Auswirkungen hat es auf Öffentlichkeit, Medien und Demokratie? Und welche Risiken zeigen sich hier vielleicht auch? Diese Fragen wurde in einem von Malte Spitz und Konstantin von Notz geleiteten Workshop im Rahmen des Grünen Demokratiekongresses am 13. März in Mainz diskutiert.

Grundlage für die Diskussionen bildete sowohl das im grünen Zukunftsforum Demokratie erarbeitete und ins Netz gestellte Debattenpapier, als auch die Inputs von Tabea Rößner und Christiane Schulzki-Haddouti. Tabea Rößner, die medienpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen und ehemalige Redakteurin des ZDF thematisierte in ihrem Input die Zukunft des Journalismus. Sie vertrat die These, dass Demokratie nicht alleine auf social media und Blogs bauen kann. Journalismus – online und offline – und neue Webangebote müssten sich ergänzen. Erfahrene Redakteure können Quellen auswerten, einordnen und kommentieren. Für eine politische Willensbildung sei deshalb ein unabhängiger, ausgebildeter und auch angemessen bezahlter Journalismus zwingend notwendig.

Auch Christiane Schulzki-Haddouti, Journalistin und Bloggerin betonte ausdrücklich die Macht der neuen Medien. Ihr zentrales Thema war die Öffentlichkeit, die für jede Demokratie „so notwendig wie Sauerstoff“ sei. Dies verdeutlichte sie in 8 Thesen, in denen sie Netzneutralität, Informationsfreiheit und Datenschutz ansprach. Darüber hinaus sprach sie ausführlicher über Social Media Dienste und die breite Spanne an Funktionen, die sie ausüben können: Öffentlichkeit herstellen, Austausch und Feedback ermöglichen, zur Koordination und Mobilisation beitragen und Ressourcen generieren. Gleichzeitig verschwieg sie aber auch nicht die möglichen negativen Funktionen: denn das Internet und Social Media Dienste können eben auch eine Plattform für Überwachung und Zensur darstellen, wie sich im Beispiel Wikileaks zeigte. Um dies zu verhindern braucht Deutschland endlich einen Whistleblower-Schutz für Menschen, die auf Missstände hinweisen, statt Gesetze die Anonymität im Netz einschränken.

Hieran schloss sich dann eine Diskussion über die Stellung und Macht des Internets an, die in der Frage ob Neue Medien eine 5. Gewalt im Staat darstellen, gipfelte. Großes Augenmerk fiel auf den Faktor Zeit in der Politik und das ständige Verlangen nach Aktualität. Führt beispielsweise ein permanenter Liveticker im Netz zu einem Substanzverlust in Politik und Medien? So unentschieden man in diesem Punkt war, so entschieden war dann die Unterstützung für Open-Data, denn viele innovative Anwendungen konnten so z.B. in den USA und GB schon entwickelt werden.

Der nächste Fokus wurde auf die Parteien gelegt: Halten sie mit diesen Umbrüchen und dem Bedeutungszuwachs der Neuen Medien Schritt? Sind sie Mitgestalter oder Getriebene? Nach einem kurzen Bericht aus der Enquete Internet und Digitale Gesellschaft wurden hier unterschiedliche Positionen deutlich, ein Teilnehmer porträtierte den Politiker der Zukunft als Kurator, der vor allem Informationen sammelt und filtert, nicht aber eigene Inputs liefert. Ein Bild das noch häufiger, mal positiv, mal negativ bewertet, aufgegriffen wurde und dann zur dritten diskutierten Frage überleitet: Kommt es durch das Netz zu einer Demokratisierung oder Popularisierung? Die Gefahr, das gerade auch das Internet zu einer boulevardesken Schlagzeilengier und nicht zu einer inhaltlichen Beschäftigung führt, wurde hier zwar angesprochen, zu Recht wurde aber auch bemerkt, dass es eine Selektion der Themen schon immer gab. Und diese Selektion findet heute vielleicht sogar demokratischer statt als früher. In diesem Sinne kann auch das Ergebnis des Workshops zusammengefasst werden: Demokratie geht nicht ohne Öffentlichkeit und Neue Medien können, wenn sie nicht missbraucht oder zensiert werden, genau diese ermöglichen.

Zum Abschluss möchten wir die Chancen des Netzen einmal ganz praktisch nutzen und um weiteres Feedback zu unserem Entwurf für den Abschlusstext bitten. Ein Kongress-Tag ist kurz, und sicher auch in diesem Fall nicht ausreichend gewesen, um den vielen wichtigen Gedanken genügend Raum zu geben. Deshalb nutzen Sie / nutzt bitte die Kommentar-Möglichkeit unter www.gruene.de/demokratiedebatte.

Alternativ können auch Emails mit Kritik, Anregungen und Ideen an uns (andemokratie@gruene.de) geschickt werden, damit sie in die Arbeit des Zukunftsforum Demokratie einfließen können. Darüber hinaus ein kurzer Hinweis auf den großen Zukunftskongress von Bündnis 90 / Die Grünen, der für den 2. Juli in Berlin geplant ist. Hier werden dann die Ergebnisse aller bündnisgrünen Zukunftsforen zusammengeführt.



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