Bei Protesten gegen die Neonazi-Aufmärsche am 19. Februar 2011 ist es nach Polizeiangaben zu Ausschreitungen und 23 Fällen des schweren Landfriedensbruches gekommen. Zur Ermittlung der Täter wurden etwa eine Millionen Datensätze von Anwohnern, Demonstranten und auch von Abgeordneten erhoben. Wir Grünen wollen von der Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage mit dem Titel “Verhältnismäßigkeit der Funkzellenabfrage zum Zweck der Strafverfolgung” nun wissen, welche Kenntnisse sie über den Vorfall in Dresden hat, wie sie ihn beurteilt und ob Sie gesetzliche Änderungen für nötig hält.

Die Antwort der Bundesregierung, die wir am 19. Juli erhalten haben, ist aufschlussreich: Die Bundesregierung sieht zwar keinen Änderungsbedarf, will aber eine entsprechende Initiative aus Sachsen prüfen, die Änderungen der Strafprozessordnung vorsieht. Außerdem bestätigt die Antwort, dass statistische Angaben darüber, wie oft das Instrument der Funkzellenabfrage eingesetzt wird, bisher nicht vorliegen. Wir Grünen werden in Kürze einen Vorschlag zu einer bürgerrechtskonformen Ausgestaltung der Funkzellenabfrage vorlegen, in dem all diese Punkte aufgegriffen werden.

Während das Thema von uns also weiterhin im Bundestag thematisiert wird, sind auch die sächsischen Grünen weiterhin sehr aktiv. An dieser Stelle der Hinweis auf eine interessante Veranstaltung.

Veranstaltungsankündigung und Einladung:

Mal eben ausgespäht – ganz normal? Die Dresdner Handydaten-Erfassung rund um den 19. Februar – Ausmaß und Konsequenzen

am 26. September 2011, 18 bis 21.30 Uhr

im Gewerkschaftshaus Dresden, Schützenplatz 14 (Saal)

Diskussion mit:

  • Barbara Körffer (Referentin, ULD Schleswig-Holstein)
  • Frank Becker (Chaos Computer Club Dresden)
  • Jerzy Montag (MdB, rechtspolitischer Sprecher der GRÜNEN-Bundestagsfraktion)
  • einem / -er Vertreter /-in des Sächsischen Datenschutzbeauftragten

Moderation: Johannes Lichdi (rechtspolitischer Sprecher der GRÜNEN-Landtagsfraktion)

Aus der Einladung:

Bisher ist bekannt geworden, dass die Polizei seit April 2009 bis April 2011 in Dresden über 2 Millionen Telefonverbindungsdaten mittels sog. Funkzellenabfragen erfasst und ca. 42.000 Namen und Adressen abgefragt hat. Eine Erfassung von Verbindungsdaten fand insbesondere bei den Demonstrationen gegen den Naziaufmarsch am 19. Februar 2011 in Dresden statt.

Alle Telefonverbindungsdaten der Personen, die sich am 19. Februar zwischen 12 und 18 Uhr in der Dresdner Südvorstadt aufhielten, wurden von der Polizei auf Antrag der Staatsanwaltschaft und Genehmigung des Amtsgerichts erfasst, gespeichert und ausgewertet. Fast alle dieser Daten betreffen an Straftaten Unbeteiligte, friedlich Demonstrierende oder Anwohner. Ermittelt wurden der Standort des Mobiltelefons, die Nummern, die angerufen werden oder von welcher Nummer Anrufe oder SMS eingegangen sind. Diese Daten wertet die Polizei mit der Software eFAS nach Häufigkeiten und Verbindungen von Nummern an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit aus. Auf diese Weise sollen die Täter der Landfriedensbrüche ermittelt werden – behauptet die Polizei.

Warum brauchen Polizei und Staatsanwaltschaft diese Masse an Daten? Was machen die Ermittlungsbehörden damit? Was offenbaren allein die Verbindungsdaten über uns, unser Kommunikationsbeziehungen und unser soziales Umfeld, auch wenn die Polizei keine Inhalte abgehört haben sollte?

Die massenhafte Erhebung von Verkehrsdaten und ihre weitere Verwendung ist ein Eingriff in unsere Grundrechte. Die Funkzellenabfrage als Ermittlungsmaßnahme nach § 100 g Abs. 2 Satz 2 der Strafprozessordnung darf sich vom Grundgedanken her eigentlich nur gegen Beschuldigte und dessen Nachrichtenmittler richten. Die derzeitige Fassung des Gesetzes und die verfahrensrechtlichen Regelungen sind offensichtlich nicht geeignet, die großflächige Erfassung und Auswertung zu verhindern. Daher stellt sich die Frage, ob und wie eine Funkzellenabfrage grundrechtskonform rechtlich gestaltet werden kann.

Organisatorische Hinweise:
Eure Anmeldung bis zum 23.09.2011 erleichtert den Organisatoren die Vorbereitung. Anmeldungen nimmt Kerstin Harzendorf, parlamentarische Beraterin der Fraktion, per Mail Diese E-Mail-Adresse ist gegen Spambots geschützt! JavaScript muss aktiviert werden, damit sie angezeigt werden kann. oder telefonisch unter 0351/4934829 entgegen. Bitte beachten: Besucherinnen und Besucher des Landtages benötigen ein gültiges Personendokument (Ausweis, Reisepass) um Einlass zur Veranstaltung zu erhalten. Der Zugang ist barrierefrei.

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