Die vielfältigen Möglichkeiten zur Vernetzung sind geradezu ein Wesensmerkmal des Internets, auf das niemand verzichten will. Die Empfehlungskultur der Sozialen Netzwerke gehört mittlerweile zum Alltag vieler Menschen in Deutschland. Aber die negativen Folgen dürfen nicht außer Acht gelassen werden: Auch Facebook-Nutzerinnen soll es möglich sein, unbeobachtet zu surfen.  Weder darf der „Gefällt mir“-Knopf zur Überwachungskamera des Web werden, noch soll der öffentliche Raum der Fanseiten Nutzungsverhalten unangemessen protokollieren.

Datenschutz bei Facebook gefällt nach wie vor nicht

Der Leiter des ULD Thilo Weichert, zugleich Landesbeauftragter für den Datenschutz in Schleswig-Holstein, hat am 19. August 2011 eine rechtliche Bewertung der Datenverarbeitung bei Facebook vorgelegt (hier eine Übersicht der ULD-Aktivitäten). Aus der Analyse geht hervor, dass der Einsatz des mittlerweile allgegenwärtigen „Gefällt mir“-Knopfes hinsichtlich des Schutzes persönlicher Daten hoch problematisch ist. Bei jedem Aufruf einer Seite im World Wide Web, die Facebooks „Gefällt mir“ integriert, werden Daten an Facebook übertragen. Eine Einwilligung der Nutzerinnen und Nutzer findet nicht statt. Welche personenbezogenen Daten hierbei  auf die Serverfarmen des Anbieters übertragen werden, bleibt aufgrund spärlicher Informationen nach wie vor intransparent. Neben  „Gefällt mir“-Anwendungen sind die Fanseiten von prominenten Personen und Unternehmen auf Facebook besonders kritisch. Auch hier kann die automatisierte Datenverarbeitung im Hintergrund durch das Programm „Facebook Insights“ nicht ausgeschaltet werden. Wer eine öffentliche Fanseite betreibt, muss in Kauf nehmen, dass Facebook  von den Datenspuren der User profitiert – abschalten kann er diese Form der Reichweitenanalyse jedoch nicht.

Zwar liegt mittlerweile nach einer am 7. September erfolgten Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss des schleswig-holsteinischen Parlaments ein Brief von Richard Allan, Policy Director bei Facebook Europa vor. Darin bemüht sich Facebook durchaus, die aufgeworfenen technischen Fragen zu beantworten, zeigt jedoch eine weitgehende Ignoranz gegenüber der deutschen Rechtsordnung, speziell gegenüber dem bestehenden Telemediengesetz.

Zur Sache, Facebook!

Deshalb hat die grüne Bundestagsfraktion in einem Brief des Fraktionsvorsitzenden Jürgen Trittin an die Konzernspitze nachgehakt – nicht um Facebook zu boykottieren, sondern um einen datenschutzkonformen Einsatz in Deutschland möglich zu machen:

„ Auf welche Art und Weise und bis wann wird Facebook sicherstellen, dass die beschriebenen Probleme abgestellt werden und öffentliche Institutionen und Unternehmen in Europa ebenso wie Webmaster, Bloggerinnen und Blogger gesetzeskonform Fanpages und Social Plugins einsetzen können?“

Clevere technische Hilfsmittel wie die Zwei-Klick-Lösung des Heise-Verlags für Facebook, Twitter und Google Plus sind, immerhin, ein guter Kompromiss zwischen Vernetzungsmöglichkeiten und Datenschutz. Sie stellen aber keine dauerhafte Lösung für alle Nutzerinnen und Nutzer dar. Unabhängig davon müssen Facebook und andere Privatunternehmen die Mittel ihrer Datensammlungen gegenüber Nutzern und staatlichen Aufsichtsbehörden transparent machen und sich an deutsches Recht halten.

Handeln statt ausweichen: Totalversagen der Bundesregierung beim Datenschutz beenden

Die Bundesregierung versagt hier nach wie vor: Weder schützt der plakative Austritt einer Verbraucherschutzministerin die 20 Millionen deutschen Nutzerinnen und Nutzer. Noch bringt das von Ministerin Aigner angekündigte pauschale Entfernen des „Gefällt mir“-Knopfes auf Ministeriumsseiten die digitale Gesellschaft in Deutschland voran. Die Kehrtwenden des Innenministers in Sachen Datenschutz – mal Selbstregulierung, mal klare staatliche Regelung, immer Vorratsdatenspeicherung – werden immer unglaubwürdiger und fahrlässiger.

Die grüne Bundestagsfraktion setzt deshalb weiter auf den kritischen Dialog mit Facebook, den wir u.a. mit der gemeinsamen Veranstaltung zur „Verbrauchermacht im Netz“ begonnen haben. Die Bundesregierung nehmen wir mit unserem Antrag zu Datenschutz in Sozialen Netzwerken (Bundestagsdrucksache 17/1589) – den wir gegenwärtig aktualisieren – weiter in die Pflicht, den Rechtsrahmen für besseren Schutz persönlicher Daten gründlich zu modernisieren. Alle Nutzerinnen und Nutzer laden wir ein, gemeinsam mit uns bei „Facebook Privacy Control – Now“ im sozialen Netzwerk an einem besseren sozialen Netzwerk mitzuarbeiten.

Wir werden Euch bei gruen-digital über die Antwort Facebooks informieren. Für den 24.10. ist zudem eine Sitzung des Unterausschuss Neue Medien vorangekündigt, die sich ebenfalls mit den Social Plugins und Fanpages auseinander setzen soll.

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