Auch wenn sicherlich gerade zu Recht andere Themen ganz oben auf der politischen Agenda stehen, so wollen wir an dieser Stelle doch auf eine andere Meldung des gestrigen Tages aufmerksam machen.

So berichtete Spiegel Online von der Zerschlagung des „weltweit größten Kinderporno-Rings“. Trotz der fragwürdigen Wortwahl lohnt die Betrachtung der Hintergründe dieser Meldung auch im Lichte der anhaltenden Debatte um Sinn und Unsinn von Netzsperren.

Zu den Hintergründen: Nach jahrelangen, intensiven Ermittlungen, ist es der europäischen Polizeibehörde Europol nach eigenen Angaben gelungen, einen internationalen Pädophilenring zu sprengen. Im Rahmen der „Operation Rettung“ sei es in einer international koordinierten Aktion in 25 europäischen und acht weiteren Staaten gelungen, den Ring zu sprengen und bislang insgesamt 670 Mitglieder zu identifizieren. 184 von ihnen seien bereits festgenommen worden. Die Ermittlungen liefen seit mehreren Jahren und wurden nach der Festnahme eines Niederländers Ende 2009 angestoßen. Die britische Organisation Child Exploitation and Online Protection Centre hatte den Server in den Niederlanden ausfindig gemacht und auch bereits mit ersten Ermittlungen unter den Forenmitgliedern begonnen. Im Januar 2010 wurde Europol dann eine Kopie des beschlagnahmten Servers zugeleitet, welche anschließend systematisch analysiert wurde.

Die bis zu 70.000 Mitglieder des vordergründig legalen Forums „Boylovers“ tauschten sich, nach allem, was bisher zu lesen ist, in dem öffentlich zugänglichen Bereich einer Internetseite über sexuelle Vorlieben aus. Strafrechtlich relevante Inhalte wurden hingegen nicht über das angehängte Forum, ausgetauscht, sondern in erster Linie über Email-Verkehr. Sämtliche Server des Netzwerkes standen in den Niederlanden. Heise meldet, dass Mitglieder europäischer Polizeibehörden das Forum unterwandert hätten und schließlich so ermittelten, dass hinter den Kulissen illegales Material getauscht wurde. Federführend bei den Ermittlungen sei Europol gewesen, gleichzeitig seien neben europäischen Polizeibehörden auch Ermittler aus Australien und den USA beteiligt gewesen.

Welche Schlüsse können nun für die weitere Diskussion über Sinn und Unsinn von „Netzsperren“ gezogen werden?

Der Austausch von strafrechtlich relevanten Inhalten erfolgte somit nicht über die Internetseite, sondern über das Forum und über Email; ein Sperren der Seite wäre völlig ins Leere gelaufen. Auch wurde die nicht zuletzt durch die BKA-Statistiken längst wiederlegte Mär, dass die Server sich oftmals im vermeintlich rechtsfreien, außereuropäischen Raum befänden, einmal mehr widerlegt. Auch in diesem Fall stand der Server in einem Land mitten im Herzen Europas.

Insgesamt zeigt der Fall einmal mehr, dass „Netzsperren“ keinen Beitrag dazu leisten können, gegen die Verbreitung und des Austauschs von Darstellungen von Kindesmissbrauch im Internet effektiv vorzugehen. „Netzsperren“ wären vielmehr eine sinnfreie und nutzlose Maßnahme, die zum gefährlichen Nichtstun verleitet. Der jetzige Fall hat einmal mehr untermauert, dass es dringend angeraten ist, sich schnellstmöglich von dem Placebo-Instrument „Netzsperren“ zu verabschieden und verstärkt andere Verbreitungswege in den Blick zu nehmen. Eine nun vorzunehmende genaue Analyse des Falls ist auch vor dem Hintergrund der Frage, wie es gelingen kann, auch die Verbreitung von Material über die hier genutzten Kanäle effektiv einzudämmen, sicher lohnend.

Im Bereich der Strafverfolgung scheint der einzig erfolgsversprechende Weg ein international koordiniertes Vorgehen im Rahmen einer abgestimmten Gesamtstrategie gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen zu sein. Oberstes Ziel muss jedoch weiterhin sein, das Problem an der Wurzel zu packen und alles daran zu setzen, den Missbrauch von Kindern selbst effektiv im Rahmen eines auf Prävention zielenden Konzeptes zu verhindern beziehungsweise effektiv einzudämmen.

Category
Tags

Comments are closed

Archive