Jerzy Montag zu „Tatort Internet“ (RTL II).

Letzte Woche hat RTL II die neue Serie „Tatort Internet“ gestartet, die in die Reihe der inzwischen sattsam bekannten reality shows gehört, bei denen Menschen – gespielt oder echt – mit Sachverhalten konfrontiert werden, die sie anprangern und bloßstellen sollen. In einer gemeinsamen Pressemitteilung mit meiner Kollegin Tabea Rößner hatten wir die Sendung bereits sowohl aus medien- als auch aus rechtspolitischer Perspektive unter die Lupe genommen.

Der zentrale Vorwurf der Initiatoren der Sendung an den Gesetzgeber lautet, dass in Deutschland angeblich Menschen nicht strafrechtlich verfolgt werden, die sich über das Internet an Kinder heranmachen, um sich an ihnen sexuell zu vergehen. Die Macher der Sendung fordern einen neuen Straftatbestand für das sogenannte „grooming“. To „groom so. for sth.“ bedeutet wörtlich jemanden auf etwas vorbereiten, in diesem Fall auf spätere sexuelle Handlungen.

Fälschlicherweise wird in der Sendung der Eindruck erweckt, „grooming“ sei in Deutschland noch nicht strafbar. Das ist jedoch falsch. In einem Kurzvermerk zur Strafbarkeit des „Grooming“ habe ich die betreffenden Regelungen einmal zusammengetragen.

Nach deutschem Recht macht sich bereits heute strafbar, wer „auf ein Kind durch Schriften einwirkt, um es zu sexuellen Handlungen zu bringen“ (§ 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB). Schriften bedeutet hier alle Formen der Kommunikation im Internet, wie Email, Chatkontakte und ähnliches mehr. Diese Regelungen wurden übrigens 2004 noch unter rot-grün eingeführt.

Alle in der Sendung gezeigten Sachverhalte waren nach deutschem Recht strafbar. In allen Fällen haben die Täter auf das – vermeintliche – Kind eingewirkt, um es zu sexuellen Handlungen zu bewegen. Von einer unverfänglichen Kommunikation konnte in keinem Fall die Rede sein. Darüber hinaus ist es in keinem der Fälle bei der bloßen Kommunikation geblieben.

Die Sendung lebt ja gerade davon, dass es auch – nach mehr oder weniger anzüglicher Kontaktaufnahme über das Internet – zu einem reellen Treffen mit dem – vermeintlichen – Kind kommt. Die Forderung der Ministergattin zu Guttenberg und des Ex-Polizeichefs Nagel gehen daher ins Leere. Was bleibt, ist die Absicht von RTL II, mit einer neuen reißerischen reality show mit Prangereffekt Quote und Profit zu machen.

Jerzy Montag ist rechtspolitischer Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion

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