Gestern hat sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene gegen die Einführung von Netzsperren ausgesprochen. Gleichzeitig weigert sie sich, auch auf deutscher Ebene auf eine gemeinsame Position zu einigen. Hierdurch schwächt die Bundesregierung nicht nur ihre Verhandlungsposition auf europäischer Ebene, letztlich verhindert sie eine effektive Strafverfolgung. Die schwarz-gelbe Koalition muss endlich begreifen, dass die Zeit, nun endlich Farbe zu bekennen, ein für allemal gekommen ist.

Wir begrüßen die gestrige Ablehnung durch die Bundesregierung ausdrücklich. Sowohl auf deutscher als auch auf europäischer Ebene brauchen wir endlich eine ebenso effektive wie rechtsstaatskonforme Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern und dessen Darstellung und Verbreitung im Internet.

Gleichzeitig warnen wir die Bundesregierung: Wenn sie glaubt, dass es ausreichen würde, sich auf europäischer Ebene pro forma gegen Netzsperren auszusprechen, sie dann aber tatenlos dabei zusehen kann, wie Sperren per Mehrheitsbeschluss schließlich doch über den Umweg Europa auch in Deutschland eingeführt werden, hat sie sich getäuscht.

Die deutsche Debatte der vergangenen Jahre hat eines deutlich gezeigt: Netzsperren sind der völlig falsche Ansatz. Sie sind unnütz und können letztendlich sogar kontraproduktiv sein, weil sie die gesperrten Seiten erst auffindbar machen. Anstatt die betreffenden Inhalte im Netz mehr schlecht als recht zu verstecken, müssen diese konsequent gelöscht werden. Darüber hinaus muss die Verfolgung dieser Straftaten dringend verbessert werden. Die Polizei braucht eine verbesserte personelle und finanzielle Ausstattung. Dass Seiten, die den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen im Netz zeigen, immer noch sehr viel langsamer gelöscht werden als Seiten, die Bankdaten ausspähen, ist traurige Realität, aber nicht hinnehmbar. Hier muss die Bundesregierung dringend handeln. Das tut sie jedoch nicht!

Dass sich die schwarz-gelbe Koalition auf Bundesebene nach gut zwei Jahren Diskussion immer noch nicht auf ein einheitliches Vorgehen bezüglich Netzsperren einigen konnte und aus diesem Grund den grünen Antrag „Sexuellen Missbrauch effektiv bekämpfen – Netzsperren in Europa verhindern“, seit Monaten von den Tagesordnungen der zuständigen Fachausschüsse nimmt, um so einer inhaltlichen Positionierung zu entgehen, ist ein Armutszeugnis. Wir können es uns nicht länger erlauben, weiterhin wertvolle Zeit für eine dringend benötigte Verbesserung der Strafverfolgung zu verschwenden.

Wenn es die Koalition durch ihre Hinhaltetaktik auch weiterhin vermeidet, sich auf eine einheitliche Position auf Bundesebene zu einigen, agiert sie auf europäischer Ebene nicht nur vollkommen unglaubwürdig, sie schwächt darüber hinaus die eigene Verhandlungsposition nachhaltig.

Wir fordern die Bundesregierung noch einmal dazu auf, ihre Position endgültig zu klären und sich rasch für effektive Mittel der Prävention und Strafverfolgung bei Kindesmissbrauch einzusetzen. Die hierzu vorliegenden Anträge endlich zu diskutieren wäre sicherlich ein Anfang. Jetzt ist die Zeit zu handeln!

Tut sie dies weiterhin nicht, muss sie sich die Bundesregierung fragen lassen, welchen Teil sie zu einer Effektivierung der Strafverfolgung in den letzten zwei Jahren geleistet hat.

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